Kartenlesegeräte-Pflicht an Ladesäulen bringt die Wirtschaft auf die Zinne

Verbände laufen Sturm gegen den Regierungsentwurf für eine neue Ladesäulenverordnung. Sie warnen vor 165 Millionen unnötiger Kosten und langer Verzögerungen.

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(Bild: Smile Fight/Shutterstock.com)

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Schon Mitte der Woche könnte die Bundesregierung eine weitere Reform der Ladesäulenverordnung beschließen. Sie soll dafür sorgen, dass die Ladeinfrastruktur verbraucherfreundlicher wird und Fahrer von E-Autos ihr Kfz überall und unkompliziert mit Strom tanken können. Ein Punkt bringt die Wirtschaft aber auf die Barrikaden: Der Regierungsentwurf sieht vor, dass an jeder Ladesäule ein Lesegerät für Debit- und Kreditkarten angebracht werden müsste.

Die geplante Vorgabe schlage mit Kosten von 165 Millionen Euro zu Buche, warnte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag. Dem stehe ein gesamter Fördertopf für die öffentliche Ladeinfrastruktur mit einem Volumen von 500 Millionen Euro seit Anfang 2021 gegenüber. Der Einbau der Geräte erhöhe die Kosten für die Elektromobilität insgesamt und mache so letztlich auch den Strom fürs Laden teurer. Darüber hinaus seien die geforderten Kartenleser-Modelle noch gar nicht auf dem Markt.

BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae warnte vor einem Bremsklotz für die E-Mobilität: "Die noch ausstehende eichrechtliche Zulassung der Geräte wird dauern, solange stockt der Ladesäulenausbau." Dabei gebe es schon längst alternative digitale und mobile Bezahlmethoden. Ferner gehe die bislang digital sichergestellte Preistransparenz mit den Kartenlesegeräten verloren. Insgesamt sei der Ansatz "absolut kontraproduktiv".

Stein des Anstoßes: Die Regierung fordert in ihrem Entwurf, dass der Betreiber einer Ladesäule "einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems durch Vorhalten einer Karte mit der Fähigkeit zur Nahfeldkommunikation" (NFC) anbiete. Er müsse zudem die für einen bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung etwa mit einem Passwort oder PIN ermöglichen. Die Exekutive verweist dabei auf die EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 mit ihren Anforderungen "des Besitzes und des Wissens". Diese würden hier mit der Karte und der PIN erfüllt.

Der vom Bundeswirtschaftsministerium Ende vorigen Jahres veröffentlichte Referentenentwurf hatte dagegen etwa auch ein browserbasiertes Zahlen "über eine kostenlose mobile Webseite" vorgesehen, "die keine dauerhafte Registrierung erfordert". Auch ein kontaktloses "Vorhalten einer Karte oder eines mobilen Endgeräts" mit NFC sollte möglich sein jenseits des Nutzens eines Lesegeräts.

Bereits am Donnerstag hatte der BDEW gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Zentralverband Elektrotechnikindustrie (ZVEI) Alarm geschlagen. "Die Bundesregierung will ein starres Bezahlsystem für jede einzelne Ladesäule vorschreiben", monierte das Bündnis. Der noch ausstehende Eichprozess für Säulen mit Lesegeräten könne mehrere Jahre dauern.

"Viel Aufwand für alle bei sehr wenig Nutzen", beklagen die drei Verbände. Dabei zahlten rund 90 Prozent der E-Auto-Fahrer über direkte Verträge mit den Anbietern. Nur die restlichen zehn Prozent setzten auf das "spontane Laden". Dieses sei zwar wichtig, aber mobile Bezahlsysteme seien schon heute benutzerfreundlich, zukunftsfähig und europäisch anschlussfähig. Auf dieses Modell hätten sich alle Beteiligten eigentlich auch bereits geeinigt gehabt. Kartenlesegeräte würden dagegen "in den nächsten Jahren drastisch weiter an Bedeutung verlieren".

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte den ursprünglichen Referentenentwurf Anfang des Jahres in weiten Teilen begrüßt, aber noch "Nachschärfungsbedarf" gesehen. Er hatte sich vor allem daran gerieben, dass zunächst nur eine Bezahlmöglichkeit auf Basis von Kreditkartensystemen zugelassen werden sollte. Auch die Akzeptanz einer Debitkarte müsse verpflichtend werden. Die Übergangsfristen seien ferner teils zu lang und möglichst sollten auch bereits im Betrieb befindliche Ladesäulen einbezogen werden.

(mho)