Das Kohlekraftwerk Moorburg ist Geschichte

Nach rund elf Jahren Planung, aber nur etwa fünf Jahren und zehn Monaten am Netz wird das schon vorher hochumstrittene Milliardengrab endgültig stillgelegt.

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Das Kraftwerk Moorburg steht für einen virtuellen Rundgang bereit.

(Bild: Vattenfall)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Markus Klemm
  • dpa
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Nach nur gut einem Viertel der geplanten Laufzeit ist Schluss. Statt 2038 gehen beim jahrelang umstrittenen Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg schon am Mittwoch – nur rund sechs Jahre und vier Monate nach seiner Inbetriebnahme im Februar 2015 – endgültig die Lichter aus.

Der kommerzielle Betrieb in dem Steinkohlekraftwerk südlich der Elbe war schon am 18. Dezember 2020 eingestellt worden. Nun wird das Kraftwerk des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall auch nicht mehr als Reserve vorgehalten. Die Zukunft des Kraftwerkareals ist bislang noch ungewiss. Geplant ist die Produktion von grünem Wasserstoff.

Moorburg war eines der modernsten und effizientesten Kohlekraftwerke in Deutschland und sollte eigentlich bis 2038 am Netz bleiben. Als eines der größten Kraftwerke Europas konnte es mit seinen zwei Kraftwerksblöcken mit jeweils 827 Megawatt Leistung technisch elf Terawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das sind elf Milliarden Kilowattstunden und entspricht fast dem Stromverbrauch Hamburgs.

Für den Betreiber Vattenfall war das Kraftwerk jedoch von Anfang an ein Fiasko. Denn statt wie geplant dafür nicht mehr als rund 1,7 Milliarden Euro auszugeben, entwickelte sich das Projekt zu einem politischen und juristischen Dauerstreit bis zum Bundesverwaltungsgericht. Verschärfte Umweltanforderungen, nachträgliche Bauauflagen sowie Materialprobleme bei Zulieferungen verteuerten das Projekt letztlich auf rund drei Milliarden Euro.

Dabei wollte Vattenfall eigentlich 2004 ein viel kleineres Kraftwerk bauen. Die Pläne änderten sich jedoch, als der Konzern und Europas größte Kupferhütte Aurubis ihren Streit um die Energieversorgung beigelegt hatten – und Hamburgs damaliger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) eine Verdoppelung der Kraftwerksleistung nicht nur befürwortete, sondern 2007 auch noch einen vorzeitigen Baubeginn zuließ.

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Für die Politik ein Fanal: Denn als in Hamburg 2008 Deutschlands erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene die Arbeit aufnahm, war es ausgerechnet die Grünen-Umweltsenatorin Anja Hajduk, die das "CO2-Monster" aus juristischen Gründen genehmigen musste – und damit Partei und Koalition in eine ernste Krise führte. Schließlich waren die Grünen mit "Kohle von Beust"-Plakaten und dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen, dass es mit ihnen kein Kohlekraftwerk geben wird.

Heute ist wieder ein Umweltsenator von den Grünen im Amt, allerdings in einer rot-grünen Koalition. Und der freut sich entsprechend sehr über das endgültige Aus für das Kohlekraftwerk. "Ich bin erleichtert, dass hier nun endgültig und deutlich früher als geplant der Netzstecker gezogen wird", sagt Jens Kerstan.

Die Umweltorganisation BUND – damals bei den Protesten gegen das Kraftwerk ganz vorne dabei – ist ebenfalls froh, gibt den damaligen Hauptakteuren aber doch noch einen mit: "Die Verantwortlichen von Vattenfall und der Politik haben in der bereits absehbaren Klimakrise das größte Kohlekraftwerk Norddeutschlands gebaut und damit sehenden Auges eine milliardenschwere Investitionsruine errichtet", sagt Hamburgs BUND-Chefin Christiane Blömeke. Wie bei der Autobahnmaut seien es die Steuerzahlenden, die für die politische Ignoranz zur Kasse gebeten würden.

Wie es nun weitergeht? Pläne für den Kraftwerksstandort gibt es schon: Dort soll im großen Stil grüner Wasserstoff produziert werden. Dazu haben der Ölkonzern Shell, der Industriekonzern Mitsubishi Heavy Industries, Vattenfall sowie die kommunale Wärme Hamburg bereits eine Absichtserklärung unterzeichnet. Neben dem Bau eines Elektrolyseurs mit mindestens 100 Megawatt Leistung sei die Entwicklung des Standorts zu einem sogenannten Green Energy Hub vorgesehen. Ähnliche Pläne in Moorburg verfolgen Uniper und Siemens Energy.

"Moorburg ist wegen seiner Lage und Anbindung an Leitungen und Transportwege ein idealer Standort für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft", ist Kerstan überzeugt. Außerdem habe die Bundesregierung die Pläne im Mai im Rahmen des Förderprogramms "Important Projects of Common European Interest (IPCEI)" für den Notifizierungsprozess bei der Europäischen Kommission ausgewählt.

"Wir wollen in Hamburg zeigen, dass Wohlstand und Wirtschaftlichkeit auch klimafreundlich funktionieren", betont Kerstan. Die Basis sei gelegt. "Es kann losgehen."

(kbe)