Mercedes-AMG GT 63 S E Performance: V8 und Plug-in-Hybrid
Ein PHEV von AMG ist nicht das, was Fans erwarten. Doch der elektrische Part spielt hier nur eine Nebenrolle, es dominiert ein Vierliter-V8
"Morgen früh brauche ich die Standheizung."
(Bild: AMG)
AMG baut Autos für eine Nische, die mit "German Musclecars" am besten betitelt ist. Es geht dabei nicht vornehmlich um Porsche-artig optimierte Rennstrecken-Performance, sondern die Kundschaft will außerdem Motorleistung der Motorleistung wegen und meistens will sie es auch laut. Wer je AMG-Autos an den Flaniermeilen der Republik beobachtet hat, wird sich kaum über das Missfallen wundern, das "in der nächsten Generation Plug-in-Hybrid mit Vierzylinder" bei den AMG-Freunden ausgelöst hat. Wahrscheinlich geht es deshalb eher mit PR als mit Zufall zu, wenn nun der nächste AMG-Mercedes ganz anders vorgestellt wird – mit acht Zylindern und 843 PS.
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Dennoch ist der "Mercedes-AMG GT 63 S E Performance" ein Plug-in-Hybrid. Er fährt allerdings rein elektrisch nur 12 Kilometer weit. Die Redaktion vermutete den Flottenverbrauch als Begründung für den maximal 3,7 kW AC verkraftenden Stecker. AMG nannte auf Nachfrage noch Schleichfahrt durchs Wohngebiet morgens und die elektrische Vorkonditionierung (Klimatisierung/Standheizung).
Das elektrische System dient in der Auslegung weniger dem allein elektrisch Fahren als vielmehr der Nutzung eines (kleinen) Teils der Bremsenergie, um ihn bei der Beschleunigung draufzupacken. Diese Nutzung bedeutet eine hohe Belastung für die Batterie. Deshalb schloss AMG ihren Kühlkreislauf per Wärmetauscher an den Niedertemperaturkreislauf des Wagens an und versucht per aufwendiger Einzelzellkühlung, konstant eine Arbeitstemperatur von etwa 45° C zu halten.
Dabei kommt die 6,1 kWh fassende Batterie auf eine Dauerleistung von 70 kW, eine Boost-Leistung von 150 kW und eine kurzfristige Ladeleistung beim Bremsen von 100 kW – beeindruckende Werte für so eine kleine Batterie. Die NMC-Zellen (Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt) optimierte AMG dafür auf hohe Leistung statt auf hohe Energiedichte.
Heckmotor und Frontmotor und 2x Allrad
Bei anderen Mercedes-PHEV arbeitet der Elektromotor zwischen Verbrenner und Getriebe. Beim neuen GT-E wanderte er an die Hinterachse, wo er per lamellengeschaltetem Zweigang-Automatikgetriebe Drehmoment auf das Hinterachs-Sperrdifferenzial abgibt. Wir kennen diese Konfiguration aus Porsches Taycan und Audis e-tron GT. Wir kennen bisher nicht: Die Kombination dieses Motors mit Mercedes' Allradsystem. Die Kardanwelle überträgt Kraft sowohl von vorn nach hinten als auch von hinten nach vorne: Wenn es hinten zu Schlupf kommt, leitet das Auto Drehmoment über das Verteilergetriebe auf die Vorderachse. Das geschieht üblicherweise durch ESP-Eingriffe.
Mercedes-AMG GT 63 S E Performance (7 Bilder)

(Bild: AMG)
Beim GT-E schaltet AMG noch vor das ESP den bis 150 kW starken E-Motor, der überzähliges Drehmoment in Richtung Batterie abzwackt. Außer Feinfühligkeit und Effizienz hat das Materialvorteile: Längere, häufigere ESP-Eingriffe erhitzen und verschleißen die Bremsanlage. Da der E-Motor hinten nur schwer den V8 vorne starten könnte, gibt es unter der Motorhaube zusätzlich einen 10 kW leistenden Riemen-Starter-Generator, der am Hochvolt-System hängt.
Das interessante Konzept garniert Mercedes-AMG mit dem üblichen Berg von Fahrmodi und Einstellungen und Innenraumlederfarben. Passend zur bisherigen Klientel weist der neue GT-E ein weiteres Alleinstellungsmerkmal auf: Es ist das einzige Auto, bei dem der Kunde den im E-Langsamfahrbetrieb vorgeschriebenen Soundgenerator LAUTER stellen kann. Passend dazu läuft eine Marketingkampagne namens "Everything but quiet" ("Alles, nur nicht leise") des Musikers will.i.am. Das Komma, das die Übersetzung auf "Alles, aber leise" ändern würde, fehlt sicher nicht ohne Absicht. AMG bleibt laut.