Neuzugang in der umkämpften Enduro-Mittelklasse: Moto Morini X-Cape
Die italienisch-chinesische Maschine ähnelt der Kawasaki Versys 650 beim Rahmen und hat auch ihren in Lizenz gebauten Antrieb. Deutlich günstiger ist sie nicht.
Morini mischt viel Japan mit etwas Italien.
(Bild: Moto Morini)
- Ingo Gach
Mit der neuen X-Cape will sich der italienisch-chinesische Hersteller Moto Morini in der Mittelklasse etablieren. Angetrieben wird die Reiseenduro von einem alten Bekannten aus Japan, doch die Moto Morini will den Käufern kein X für ein U vormachen. Sie geht ihren eigenen Weg.
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Was war das für ein Sturm der Entrüstung, als die chinesische Zhongneng Vehicle Group vor drei Jahren den Traditionshersteller Moto Morini aus Trivolzio übernahm! Der Ausverkauf der italienischen Seele! Doch die Designabteilung blieb in Bella Italia und bereits die Ende 2019 vorgestellten Moto Morini Modelle Seiemezzo und Scrambler konnten die Gemüter beruhigen.
Auch die Reiseenduro darf optisch als gelungen gelten, mit ihren Anleihen aus dem Rallyesport liegt sie voll im Trend. Die X-Cape wirkt hochgewachsen, schlank in der Taille und ist mit einer Verkleidung versehen, die aussieht, als wäre ihr Fahrer auf dem Weg von Paris nach Dakar. Nur der tief platzierte Auspuff wirkt ungewohnt an einem Offroad-Motorrad.
Motor-Nachbau von Kawasaki
Die Enduro-Mittelklasse verkauft sich gut, wie Yamaha mit der Ténéré beweist, und im Heimatland von Moto Morini liegt die Benelli TRK 502 – ebenfalls eine italienisch-chinesische Koproduktion – aktuell auf Platz eins der Neuzulassungen. Die Zeiten, als Motorräder aus China noch als gemeingefährlich galten, sind lange vorbei. Aus dem Reich der Mitte kommen inzwischen sehr interessante Bikes, die gern auf bewährte Technik aus Japan zurückgreifen.
Moto Morini X-Cape (9 Bilder)

So stammt der wassergekühlte Reihenzweizylindermotor der X-Cape von der Kawasaki Versys 650 und wird von Zhongneng in Lizenz nachgebaut. Allerdings leistet er in der chinesischen Version 60 PS bei 8250/min und 56 Nm bei 7000/min, während er im japanischen Original 67 PS bei 8000/min und 61 Nm bei 7000/min erreicht. Auch der Rahmen aus Stahlrohren ist dem der Versys 650 sehr ähnlich, hat sich an ihr aber bewährt. Bei der Aluminium-Schwinge ging Moto Morini einen eigenen Weg, lenkt das Federbein aber ebenfalls direkt an.
Komponenten aus Italien
Gebaut wird die X-Cape zwar in China, aber einige wichtige Komponenten stammen aus Italien: die Zweikolben-Schwimmsattel-Bremsen und die beiden 298-mm-Bremsscheiben am Vorderrad sind von Brembo und die einstellbare Upside-down-Gabel mit ordentlichen 50 Millimeter Durchmesser kommt von Marzocchi. Die Enduristen werden mit Wohlwollen registrieren, dass Moto Morini die X-Cape auch mit Drahtspeichenrädern anbietet. Entsprechend sind dann keine Fast-Straßenreifen mehr aufgezogen, sondern eher grobstollige Pirelli Scorpion Rally STR, um den Enduro-Charakter zu unterstreichen.
Zu sehr auf Offroad wollten die Entwickler die X-Cape dann aber doch nicht trimmen und verzichteten auf ein 21-Zoll-Vorderrad zugunsten eines 19-Zöllers, hinten ist es in beiden Fällen ein 17-Zoll-Rad. Die Federwege sind von Moto Morini knapp kalkuliert: Vorne 160, hinten 135 Millimeter, dazu eine Bodenfreiheit von 175 Millimeter – für den Geländeeinsatz nicht üppig. Der vordere Teil der Sitzbank ist tief ausgeschnitten und ermöglicht eine Sitzhöhe von 845 Millimeter auf.