Vimeo, Clubhouse & Co. schließen sich EU-Kodex gegen Desinformation an

Die EU-Kommission begrüßt acht neue Unterstützer für ihre Initiative vs. Fake News. Allein Facebook entfernt pro Monat hunderttausende Inhalte rund um Covid-19.

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(Bild: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com)

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Acht neue Unterstützer wollen den von der EU-Kommission vor drei Jahren initiierten Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation befolgen und so etwa schärfer gegen Fake News über die Coronavirus-Pandemie und Impfungen gegen Covid-19 vorgehen. Dies teilte die Brüsseler Regierungsinstitution am Freitag mit. Zu den künftigen Unterzeichnern zählen demnach etwa die Videoplattform Vimeo und die Talk-App Clubhouse.

Zuvor hatten unter anderem Betreiber großer sozialer Netzwerke und von Suchmaschinen wie Facebook, Google, Microsoft, TikTok und Twitter den Kodex unterschrieben. 2020 gab die Kommission die Parole aus, dass in diesem Rahmen auch die parallel zur Covid-19-Pandemie grassierende Infodemie angegangen werden müsse: Verlässliche Quellen im Gesundheitsbereich seien zu fördern, falschen oder irreführenden Inhalten sollte kein Forum geboten, illegale Nachrichten müssten entfernt werden.

Angeschlossen haben sich der Selbstregulierungsinitiative nun mit DoubleVerify auch ein weiterer Anbieter von Werbetechnologie ("Ad Tech") sowie Organisationen, die besonderes Fachwissen und technische Lösungen zur Bekämpfung von Desinformation bereitstellen. Dazu zählen Avaaz, Globsec, Logically, NewsGuard und WhoTargetsMe.

Die Kommission will den Kodex deutlich verschärfen und erweitern. Ihr zufolge haben die jüngsten Wahlkämpfe und die Berichte der bisherigen Unterzeichner gezeigt, dass "erhebliche zusätzliche Anstrengungen erforderlich" seien, "um die Flut schädlicher Desinformation einzudämmen". Die aktuelle Übereinkunft sei ein guter erster Schritt in diese Richtung gewesen. Im Rahmen einer Analyse zu Tage getretene "bedeutende Unzulänglichkeiten" wie das Fehlen eines geeigneten Überwachungsmechanismus, zentraler Leistungsindikatoren und Regeln für den Zugang zu Daten für Forscher sowie eine "begrenzte Beteiligung" insbesondere aus der Werbebranche müssten aber adressiert werden.

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Věra Jourová, Kommissionsvizepräsidentin für Werte und Transparenz, freute sich über die Neuzugänge. Sie ermutigte aber zugleich weitere Plattformen, Messaging-Dienste und Akteure aus der Ad-Tech-Branche, sich dem Kodex "so bald wie möglich anzuschließen". Die Kommission habe mit ihren Leitlinien vom Mai die Erwartungen für den Ausbau der Absprache hochgesteckt. Die Tschechin mahnte: "Online-Akteure tragen eine besondere Verantwortung in Bezug auf die Verbreitung und Kommerzialisierung von Desinformation. Entsprechende Dienste müssen von Grund auf transparenter, verantwortlicher und sicherer gestaltet werden."

Nötig sind laut der Exekutivinstanz insbesondere Instrumente, "die es ermöglichen, den Tätern Kosten aufzuerlegen". Sie hat dabei vor allem einen Verzicht auf das Schalten von Werbung auf fragwürdigen Plattformen im Blick, um diesen Einnahmen zu entziehen. Plattformen und Vertreter des Online-Werbesystems sollen laut den überarbeiteten Vorgaben mehr Verantwortung übernehmen und besser zusammenarbeiten, um die Finanzierung von Desinformation zu unterbinden. Parallel arbeiten die EU-Gremien an übergreifenden gesetzlichen Vorgaben für Portale und Netzwerke mit dem Digital Services Act (DSA).

Ebenfalls am Freitag hat die Kommission die Berichte von Google, Facebook, Twitter, TikTok und Microsoft über die Maßnahmen veröffentlicht, die die Konzerne im Juli und August in den EU-Staaten zur Eindämmung von Covid-19-Desinformation ergriffen haben. Allein Facebook hat demnach in den beiden Sommermonaten über 270.000 Beiträge im eigenen Netzwerk sowie bei der Tochter Instagram entfernt, die gegen die einschlägigen Richtlinien verstoßen haben.

Google meldete, im Juli und August Maßnahmen gegen 16.479 URLs beim hauseigenen Werbeprogramm AdSense ergriffen zu haben. Dies seien 1584 Adressen mehr als im Juni gewesen, wobei der größte Anstieg mit über 1000 URLs auf Frankreich entfalle. Die Zahl der Banner und Anzeigenkonten, die wegen Verstoßes gegen die Covid-19-Werberichtlinien abgelehnt wurden, blieben in etwa gleich.

Aus dem Bericht von Microsoft geht hervor, dass im Juli die Zahl der von dem Konzern für Nutzer in der EU blockierten Anzeigen rund um die Pandemie stark um über 50 Prozent zurückgingen auf 286.485 gegenüber Juni. Im August kehrte sich der Trend aber komplett um: Dann wurden gut 5,4 Millionen Anzeigen wegen Verstößen gegen die Microsoft-Werberichtlinien blockiert, der höchste Wert seit Beginn des europäischen Programms zur Kontrolle von Covid-19-Desinformation.

(tiw)