Luxus kostet: Test Mercedes-Benz EQS 580

Mercedes beeindruckte im Sommer mit der aerodynamischen Effizienz des EQS. Im Winter zeigt sich dennoch, dass Luxus mehr Energie kostet.

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Mercedes EQS

(Bild: Clemens Gleich)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Clemens Gleich
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Da der EQS bei unserem ersten Test im Sommer so gute Verbrauchswerte zeigte, hängte ich mich zu unserem Wintertest weit aus dem Fenster. "Was schätzt du an Verbrauch?", fragte mein Kollege Martin. "Ausgehend vom Sommerverbrauch schätze ich die Hälfte des Verbrauchs des Peugeot e-208 im vergangenen Winter." Der lag zwischen 30,6 (Autobahn 130) und 37,4 kWh/100 km brutto (also den Ladestrom gemessen, denn den müssen Sie bezahlen).

Mein Mercedes-Aus-dem-Fenster-Hänger war natürlich ein Witz, aber ich rechnete angesichts der hoch optimierten Effizienz des EQS schon mit einem Winter-Bruttoverbrauch im Bereich unter 25 kWh/100 km. Stattdessen waren es im Mischbetrieb Autobahn, Landstraße und etwas Kurzstrecke 33,7 kWh brutto (Nettoanzeige im Fahrzeug: 28,7). Bei Kurzstreckenbetrieb im durchschnittlichen Pendelbereich bis 20 km war schon die Nettoanzeige kaum je unter 30 kWh/100 km. Und damit wieder einmal: Willkommen im Winterhalbjahr!

Die Physik schenkt also auch Mercedes-Fahrern kein kostenloses Mittagessen. Ein großes, luxuriöses Auto verbraucht dann doch die entsprechende Energie, selbst wenn sie das effizient tut. Hauptgrund im Winter: Wärmeenergie. Die Rückfrage beim Hersteller bestätigte den Verdacht. Obwohl das Auto recht gut gedämmt ist, muss die Heizung eben eine vergleichsweise große Kabine aufheizen. Ein 200-m2-Haus braucht mehr Heizenergie als ein 100-m2-Haus, selbst wenn das kleinere Haus etwas ineffizienter dämmt.

Die Daimler-Technik regte an, die "Eco"-Varianten der Klimatisierung auszuprobieren, die einiges an Heizenergie sparen. Das tat ich und sie sparen tatsächlich. Ihre Benutzung geht jedoch mit einigem Komfortverlust einher. Eco+ etwa hält hauptsächlich die Scheiben beschlagfrei und verlässt sich auf die Sitz- und Lenkradheizungen. Ich maß den Verbrauch im normalen Modus, denn ganz ehrlich: Niemand gibt weit über 100.000 Euro für ein Auto aus und fährt dann kühl, um ein paar kWh Strom zu sparen, den er oft von der eigenen PV-Anlage zum Laufzeitpreis von rund 10 Cent bezieht. Wem es um maximale Kosteneffizienz geht, fährt Fahrrad. Wer die maximale E-Reichweite will, heizt in der Garage vor. Der Mehrverbrauch fällt angesichts des Komfort- und Reichweitengewinns nicht ins Gewicht.

Die Batterieheizung hat wenig Einfluss auf den Verbrauch, da der EQS sie recht sparsam, zielgerichtet einsetzt. Das heißt aber auch: Fahre eine Ladestation ad hoc an, ohne Navi, mit kalter Batterie und erlebe eine vergleichsweise enttäuschende Ladeleistung. Um die Rekord-Reichweiten-Ladeleistung des EQS (im Sommer lädt er bei Start 10 Prozent SoC und ADAC-Verbrauch laut P3 266 km in 20 Minuten) im Winter nachzuvollziehen, müssen Sie sich auf das intelligente Ladesystem verlassen, das die Batterie für einen per Navi geplanten Ladestopp vorher optimal temperiert. Das ist in anderen Autos der gehobenen Preisklasse nicht anders. Mercedes heizt zwar den Akku mit Strom von der Ladesäule, wenn ad hoc geladen wird, doch a) dauert das eben und b) verzichtet das Auto bei höheren Akkuständen darauf, Vermutung: weil der Effekt in diesem Zustand geringer ausfiele und daher mit einem zu großen Mehrverbrauch erkauft wäre.

Mercedes-Benz EQS 580 außen (10 Bilder)

"One Bow" nennt Mercedes die windschlüpfrige Pinguinform.
(Bild: Clemens Gleich)

Verbrauchstechnisch können Besitzer recht locker mehr herausholen als ich. Die Kabinenheizung fällt am stärksten ins Gewicht, wenn die Strecken kurz sind und damit die Durchheiz-Intervalle häufig. In diesem Betrieb ist das also dank der großen Batterie eine reine Kostenfrage, also praktisch egal für EQS-Käufer. Im Langstrecken-Betrieb fällt der Anteil der Kabinenheizung im Vergleich zur Antriebsleistung. Auf einer 500 km Fahrt werden Sie bessere Werte messen als ich mit meinen gut 200 km Teststrecke am Stück. Sie können zudem an der Wallbox vorheizen, was einen großen Teil des Verbrauchs in die angesteckte Standzeit auslagert.

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Ich differenziere die für Leser vielleicht widersprüchlichen Werte im Internet deshalb wieder einmal so aus, weil sonst der Eindruck entsteht, der EQS sei kein effizientes Auto. Das ist er aber. Spoiler-Warnung: Das dem Mercedes folgende Luxusauto dieses Testwinters verbrauchte bei praktisch gleichem Wetter auf dem gleichen Streckenprofil ein gutes Stück mehr. Mercedes verspricht "sustainable luxury".