Bundesjustizminister Buschmann: Vorratsdatenspeicherung endgültig streichen

Mit dem anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren kann sich niemand mehr frei fühlen, meint der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann.

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(Bild: Timofeev Vladimir/Shutterstock.com)

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Ein seit Jahren umstrittenes Überwachungsinstrument will der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann hierzulande abschaffen. "Ich lehne die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ab und möchte sie endgültig aus dem Gesetz streichen", verdeutlichte der FDP-Politiker in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Sie verstößt gegen die Grundrechte."

"Wenn jeder damit rechnen muss, dass vieles über seine Kommunikation ohne Anlass gespeichert wird, dann fühlt sich niemand mehr frei", begründet Buschmann sein Vorhaben. "Daher haben Gerichte die Anwendung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung immer wieder gestoppt."

Aktuell sind Vorschriften zum mehrwöchigen Aufbewahren von Nutzerspuren hierzulande auch im jüngst novellierten Telekommunikationsgesetz enthalten, aber aufgrund von Entscheidungen von Verwaltungsgerichten ausgesetzt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte ein Protokollieren von Telefon- und Internetdaten ohne Unterschied bereits wiederholt für unvereinbar mit den in der EU verbrieften Grundrechten.

Buschmann plädiert daher für das Quick-Freeze-Verfahren, bei dem Provider Verbindungs- und Standortdaten auf Betreiben von Strafverfolgern quasi einfrieren müssten. "Telekommunikationsanbieter sollen bei einem konkreten Anlass auf richterliche Anordnung hin schnell Daten sichern müssen, damit Polizei und Staatsanwaltschaft sie dann auswerten können", führte der Liberale aus. Dies betreffe dann nur bestimmte Personen. Der Ansatz solle zudem "nur bei dem Verdacht auf das Vorliegen schwerer Straftaten möglich sein".

Dieses Vorgehen "wäre rechtsstaatlich sauber und würde den Ermittlern wieder ein Instrument für die Aufdeckung von Straftaten in die Hand geben", betont der Minister. "Das wäre ein Gewinn für Freiheit und Sicherheit zugleich." Als eines der ersten Projekte wolle er zudem mit seiner neuen Kollegin im Bundesinnenministerium, Nancy Faeser (SPD), die von der Ampel-Koalition in Aussicht gestellte Überwachungsgesamtrechnung auf den Weg bringen. Vereinbart sei, in dieser Wahlperiode die zahlreichen bestehenden Sicherheitsgesetze unabhängig wissenschaftlich zu evaluieren: "Es geht darum, die Bürgerrechte zu stärken."

Die vorausgegangene schwarz-rote Bundesregierung hatte sich im Sommer bei der EU-Kommission noch für eine aufgebohrte Vorratsdatenspeicherung starkgemacht. Demnach sollen auch WhatsApp & Co. unter die Pflicht zum anlasslosen Aufbewahren von Nutzerspuren fallen. Provider wollte die frühere Exekutive dazu verdonnert wissen, zusätzlich die "zugewiesene Portnummer zu speichern". Die Kommission überlegt noch, ob sie – auf Druck der Mitgliedsstaaten hin – erneut eine einschlägige Initiative für die gesamte Gemeinschaft starten soll.

Das neue rot-grün-gelbe Regierungsbündnis will die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung laut dem Koalitionsvertrag "rechtssicher" und anlassbezogen gestalten. Es zeichnete sich bereits ab, dass dies auf das von der bisherigen Exekutive abgelehnte Quick Freeze hinauslaufen dürfte. Dafür hatte sich wiederholt auch die letzte FDP-Justizministerin auf Bundesebene, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, eingesetzt. In der damaligen Koalition mit der CDU war sie damit aber nicht weit gekommen.

(olb)