Kernfusion: Mehr Energie als je zuvor freigesetzt

Gelungene Generalprobe für ITER: Eine internationale Forschungsgruppe hat am JET-Fusionsreaktor mehr Energie durch Kernfusion erzeugt als je zuvor.

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(Bild: UKAEA)

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Forschende des EUROfusion-Konsortiums – 4800 Experten, Studenten und Mitarbeiter aus ganz Europa – haben am Joint European Torus (JET) mehrfach eine Kernfusion mit Deuterium und Tritium gezündet und dabei 59 Megajoule an Fusionsenergie freigesetzt. Das ist mehr als das Doppelte des bisherigen Fusionsenergie-Rekords von 21,7 Megajoule, der dort 1997 aufgestellt wurde. Nach Angaben des Forschungsteams hielt der Plasmapuls fünf Sekunden.

Damit liegen die Wissenschaftler am JET zwar ein gutes Stück hinter den Plasma-Rekordbedingungen, die der Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) in Hefei Anfang Januar vermeldet hatte. In dem experimentellen Kernfusionsreaktor konnte Ende des vergangenen Jahres 1056 Sekunden, also gut 17 Minuten lang eine Plasmatemperatur von 70 Millionen °C gehalten werden, berichtet das Institut für Plasmaphysik an der chinesischen Akademie der Wissenschaften (ASIPP). Allerdings haben die chinesischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diesen Rekord mit einem reinem Wasserstoff-Plasma geschafft – also keine Fusionsreaktion gezündet.

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Mit den Ergebnissen sind sie dennoch extrem zufrieden. Denn die Experimente hätten erstmals gezeigt, dass Deuterium-Tritium-Plasma in einem Tokamak-Reaktor mit einer Beryllium-Wand hergestellt und erhalten werden kann. Fünf Sekunden scheint zwar kurz, aber es ist die maximale Operationszeit der Kupfer-Magnete im JET-Reaktor und des so genannten Divertors – eine Art Auspuff für Teilchen, die der Wand des Gefäßes zu nahe kommen.

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Die begrenzte Energieausbeute sei nur durch die Konstruktion von JET gegeben – vor allem die Kupfermagnete. Da der internationale Forschungsreaktor ITER mit supraleitenden Magneten ausgestattet wird, sind die Wissenschaftler zuversichtlich, auch die magische "break even"-Grenze bei der Energieerzeugung brechen zu können. Im JET mussten die Forschenden dreimal mehr Energie in die Fusionsreaktion stecken, als sie herausholen konnten. ITER soll dieses Verhältnis umdrehen: Das Ziel von ITER ist es, 500 Megawatt Energieausbeute über mindestens 300 Sekunden, und damit zehnmal mehr Energieausbeute zu gewinnen, als hineingesteckt wird.

Bei einer Kernfusion wird so viel Energie frei, dass sich alle anderen Energiequellen recht mickerig ausnehmen. Technisch ist die Fusion allerdings eine riesige Herausforderung. Denn um Wasserstoff-Atome zu Helium zu verschmelzen, muss die elektrische Abstoßung zwischen den Atomkernen überwunden werden. Das geht zwar im Prinzip – aber nur, wenn das Gas extrem erhitzt wird. Dabei wird es zu einer diffusen Wolke aus durcheinanderfliegenden Elektronen und Atomkernen, dem sogenannten Plasma.

Wenn ausreichend viele Teilchen oft und heftig genug miteinander zusammenstoßen, fängt das Plasma an zu "brennen", sagen die Wissenschaftler. Das funktioniert etwa bei etwa 100 Millionen Grad und einer Plasmadichte von ungefähr 100 Billionen Teilchen pro Kubikzentimeter – entscheidend ist das Produkt dieser beiden Größen.

Damit ein erhitztes Plasma nicht einfach auseinanderfliegt, kann man es beispielsweise mit starken Magnetfeldern einsperren. In Tokamak-Reaktoren halten Magnete das Plasma in einem ringförmigen Torus. Ein stabförmiger "Solenoid"-Magnet in der Mitte treibt einen kreisförmigen Strom im Plasma, heizt es so weiter auf und hält es stabil. Das funktioniert aber nur, solange Strom durch den Solenoid fließt – der Betrieb des Tokamaks ist also gepulst.

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