Atomkraft: Grünen-Parteitag stimmt AKW-Reserve zu

Die Grünen weichen auf ihrem Parteitag in Bonn von ihrer seit Gründung der Partei gelten Linie ab und stimmen einer Reserve von zwei AKW zu.

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Auf dem Parteitag der Grünen.

(Bild: Bündnis 90 / Die Grünen)

Lesezeit: 3 Min.

Der Parteitag der Grünen in Bonn hat mit klarer Mehrheit einem Antrag zugestimmt, laut dem die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in Reserve gehalten werden sollen. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen soll zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden. Damit weichen die Grünen erstmals von ihrer bereits zur Gründung vor 42 Jahren festgelegten grundsätzlichen Ablehnung der Atomkraft ab.

Die mehreren Hundert Delegierten bekräftigten damit jene Linie, die führende Grüne wie die beiden Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour in den vergangenen Tagen in der Auseinandersetzung mit der FDP vertreten hatten. Die Beschaffung neuer Brennstäbe für AKW hatte Lang kurz vor dem Parteitag im Gespräch mit dem "Spiegel" als "rote Linie" bezeichnet. Diese lehnten denn auch die Delegierten auf dem Parteitag ab. Ein gegnerischer Antrag, der ein Aus für alle deutschen Atomkraftwerke gefordert hatte, scheiterte.

Konkret heißt es in dem beschlossenen Antrag (PDF): "Für den äußersten Notfall, so unwahrscheinlich er auch sein mag, wollen wir vorsorgen und auf alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Netzstabilisierung zurückgreifen können. Deswegen stimmen wir zu, eine konditionierte, zeitlich begrenzte und von der Atomaufsicht der Länder strikt überwachte und von der Bundesaufsicht begleitete AKW-Einsatzreserve zu schaffen."

Weiter heißt es dort, "wir begrüßen die in der Vereinbarung mit der Bundesregierung erklärte Bereitschaft der Betreiber von Isar 2 und Neckarwestheim 2 zum potenziellen Reservebetrieb, sowie die erklärte Absicht, diese Anlagen nach dem 15. April 2023 unverzüglich zurückzubauen". Die Grünen wollen im Bundestag keiner gesetzlichen Regelung zustimmen, mit der neue Brennelemente, noch dafür notwendiges neues angereichertes Uran beschafft werden soll.

Die Parteispitze hatte kurz vor dem Parteitag betont, das Ergebnis der Abstimmung zu diesem Thema sei für die anstehenden Gespräche mit SPD und FDP bindend. "Warum sollen wir sie sonst beschließen?", antwortete Nouripour auf eine Frage von Journalisten.

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Die FDP kritisiert die Haltung der Grünen und fordert, die drei bestehenden Atomkraftwerke bis 2024 weiter laufen zu lassen und auch den dafür nötigen Brennstoff zu besorgen. Das seien keine Kernanliegen seiner Partei, sondern eine energiepolitische Notwendigkeit, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Lukas Köhler.

Die drei deutschen noch laufenden Atomkraftwerke müssen nach dem seit 2011 gelten Atomgesetz bis Ende dieses Jahres abgeschaltet werden. SPD und Grüne hatten sich einige Zeit gegen verlängerte Laufzeiten von Atomkraftwerk gesträubt, so sagte Bundeskanzler Olaf Scholz noch im Juni dieses Jahres, die Atomkraftwerke würde nicht weiterhelfen. Nach einem Stresstest des deutschen Stromnetzes angesichts der Energiekrise hatte die Bundesregierung Anfang September beschlossen, zwei AKW in Reserve zu halten. Das ifo-Institut hat ausgerechnet, dass durch den Weiterbetrieb der Strompreis etwa 4 Prozent niedriger ausfallen könnte als ohne.

(anw)