Heizungswärme aus Rechenzentren: Warum das gerade ein heißes Thema ist

Das Gas ist knapp. Doch um Häuser mit der Abwärme von Facebook, Apple und Co. Häuser zu beheizen, müssen einige Hürden genommen werden.

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Apple Rechenzentrum Viborg

Das Apple-Rechenzentrum in Viborg soll seine Abwärme zum Heizen von Haushalten abgeben.

(Bild: Apple)

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Pläne, die Abwärme von Rechenzentren zum Heizen von Haushalten und Büros zu nutzen, haben infolge der europäischen Energiekrise deutlich Aufwind bekommen. Laut einem Medienbericht gibt es einige Projekte, wo das bereits in der Tat umgesetzt wird, und die politischen Entscheider drängen auf mehr. Die ersten Praxisbeispiele zeigen aber auch Hürden und mögliche Probleme auf.

Waren Rechenzentren, die ihre Abwärme für Haushalte bereitstellen, bislang nur gut für das Prestige ihrer Betreiber, sehen sich diese zunehmend mit gesetzlichen Vorgaben konfrontiert. In Deutschland ist das "Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz, Verbesserung des Klimaschutzes im Immissionsschutzrecht und zur Umsetzung von EU-Recht" in Vorbereitung, das in Teilen bereits im Jahr 2024 in Kraft treten soll. Einem bekannt gewordenen Entwurf zufolge könnte schon ab 2025 verlangt werden, dass mindestens 30 Prozent der Abwärme nachhaltiger Nutzung zugeführt werden, zwei Jahre später sogar 40 Prozent.

Auf übergeordneter Ebene fordert die Europäische Union mehr Energieeffizienz ein. In einigen Ländern machen Baubehörden ihre Genehmigungen jetzt schon von der Energieeffizienz abhängig, in anderen locken Steuervorteile. Unabhängig von Zwängen und Vorteilen sei das Bereitstellen von Wärme angesichts infolge der Gasknappheit gestiegener Energiepreise aber generell finanziell lukrativer geworden.

US-amerikanische Tech-Unternehmen wie Amazon, Apple und Microsoft haben laut einem Bericht des Wall Street Journals bereits Projekte in Europa umgesetzt oder in Planung. Alphabet schaue etwa in ganz Europa nach Umsetzungsmöglichkeiten. Meta betreibe schon seit dem Jahr 2020 im dänischen Odense ein Datencenter, das 11.000 nahegelegene Haushalte mit Wärme versorgt. Apple muss im dänischen Viborg aufgrund rechtlicher Erfordernisse dafür sorgen, dass Abwärme zum Beheizen von Haushalten verwendet wird – mehrere Jahre zurückliegende Ankündigungen wurden aber bislang nicht in die Tat umgesetzt. In den Niederlanden gibt es indessen laut der Dutch Data Center Association zehn Rechenzentren verschiedener Betreiber, die bereits Wärme abgeben. Weitere 15 Projekte seien in Planung.

Erhebungen aus dem Jahr 2020 zufolge sind Rechenzentren weltweit für 1 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. In der EU soll der Anteil sogar bei mindestens 3 Prozent liegen. Dem EU-finanzierten Projekt ReUseHeat zufolge steckt in Europas Rechenzentren ein Potenzial von 50 Terawattstunden Wärme pro Jahr. Dies entspreche zwei bis drei Prozent der Energie, die aktuell jährlich für das Heizen in EU-Haushalten verwendet werde.

Gleichwohl gebe es in der Realität rechtliche und technische Hürden, die es unwahrscheinlich machen, dass das gesamte Potenzial genutzt werden kann. Dies fängt damit an, dass luftgekühlte Server nur Abwärme von 35 Grad Celsius liefern, Nahwärmenetze aber mit mindestens 60 bis 70 Grad betrieben werden. Deshalb seien zusätzliche Wärmepumpen nötig, um die Abwärme brauchbar zu machen. Zudem werden die meisten Server mit Luft gekühlt. Mit Wasser ließe sich die Abwärme besser nutzen, weshalb das Umweltbundesamt auf eine staatliche Förderung von Wasserkühlung pocht.

Zudem dürfen sich die Rechenzentren nicht zu weit von Siedlungen befinden, da sonst der Wärmeverlust auf dem Transportweg zu hoch ist. Ein weiteres Problem ist, dass die Heizwärme in der Regel maximal ein halbes Jahr benötigt wird – in den Rechenzentren fällt die Abwärme aber ganzjährig an. Und rechtlich ist es eine Herausforderung, dass im Energiesektor langjährige Lieferverträge mit Laufzeiten von über 10 Jahren üblich sind. Im von Höhen und Tiefen geprägten Internetgeschäft sind aber das mitunter gefühlte Ewigkeiten – Betreiber von Rechenzentren möchten sich lieber nur auf kürzere Verbindlichkeiten einlassen.

(mki)