E-Fuels-FAQ: Rettet der synthetische Sprit den Verbrennungsmotor?

Geht es mit synthetischem Sprit weiter wie bisher oder führt er in eine teure Sackgasse? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Thema E-Fuels.

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VW Gof Cabrio

Mit E-Fuels ließe sich der Bestand weniger umweltschädlich betreiben als mit konventionellem Sprit. Billig wird das aber nicht.

(Bild: Volkswagen)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Martin Franz

Die Debatte rund um synthetische Kraftstoffe läuft derzeit auf bedenklicher Temperatur. Erbittert wird über ihren Anteil bei einer Antriebswende gestritten. Befürworter argumentieren, dass sich mit den sogenannten E-Fuels der Fahrzeugbestand klimaneutral betreiben ließe, wenn man für die Herstellung dieses Kraftstoffs Ökostrom nutzen würde. Damit wird unter anderem von der FDP begründet, warum es auch nach 2034 noch möglich sein soll, in der Europäischen Union Autos mit Verbrennungsmotor neu zuzulassen. Gegner kritisieren den enormen Energiebedarf bei der Produktion und den insgesamt schlechten Wirkungsgrad. Zeit für einen Zwischenstand in dieser aufgeheizten Diskussion: Wir klären die wichtigsten Fragen rund um E-Fuels.

Was versteht man unter E-Fuels?

E-Fuels sind eine Untergruppe der synthetischen Kraftstoffe, bei deren Erzeugung aus Kohlendioxid und Wasser elektrische Energie eingesetzt wird. Mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird zunächst Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Anschließend wird Kohlendioxid aus der Luft gefiltert und mit dem Wasserstoff über den Zwischenschritt Methanol zu E-Fuels umgewandelt.

Um aus Kohlenstoff und Wasser Kohlenwasserstoff künstlich zu erzeugen, ist deutlich mehr Energie nötig, als bei ihrer Gewinnung aus Erdöl. Die Synthese dieses Kohlenwasserstoffs lief ja bereits vor Jahrmillionen (mit Sonnenenergie) ab, sodass er in der Raffinerie lediglich in seine verschieden langkettigen Fraktionen Benzin -> Kerosin -> Dieselkraftstoff und Schmiermittel aufgeteilt werden muss.

Sind E-Fuels klimaneutral?

Wird bei der Produktion von E-Fuels Strom aus regenerativen Energiequellen genutzt, können sie bilanziell CO₂-neutral sein. Es wird im Idealfall also vor Ort beim Verbrennen nicht mehr Kohlendioxid in die Umwelt entlassen, als bei der Produktion insgesamt entnommen wurde. Mindestens zwei Dinge müssen dabei allerdings beachtet werden: Zum einen haben auch regenerative Energiequellen einen CO₂-Eintrag, schließlich müssen die Anlagen her- und aufgestellt werden. Hinzu kommt der Transport des Kraftstoffs, für den unter Umständen erhebliche Energiemengen aufgewandt werden müssen. Die CO₂-Neutralität bezieht sich also auf Produktion und Verbrennung, nicht auf die gesamte Kette der Nutzung.

Sind E-Fuels die Zukunft?

Darüber wird nicht nur in der Politik derzeit erbittert gestritten. Dabei geht es im Kern vor allem darum, welchen Anteil E-Fuels an der Wende bei der Fahrenergie haben sollen. Denn dass die Zeit der Kraftstoffe, die auf Erdöl basieren, zu Ende geht, ist unter allen unstrittig, die sich seriös mit diesem Thema auseinandersetzen. Fest steht bislang lediglich, dass eine Massenproduktion von E-Fuels nicht unmittelbar bevorsteht. Die dafür notwendigen Investitionen sind extrem hoch.

Was sind die Vorteile von E-Fuels?

Befürworter argumentieren, dass sich mit E-Fuels der Bestand der Fahrzeuge klimaneutral weiter betrieben werden könnte. Es bräuchte weder neue Autos noch eine andere Infrastruktur zur Verteilung der Fahrenergie. Zur Produktion könne überschüssiger Ökostrom genutzt werden. Damit wären E-Fuels klimaneutral, so die Schlussfolgerung. Flüssiger Kraftstoff ist zudem schneller nachgefüllt als eine Batterie heute aufgeladen werden kann. Die Zeit, um ein Auto fit zu machen für weitere Kilometer, ist also kürzer.

Sinnvoller Einsatz von E-Fuels: Mit ihnen lassen sich beispielsweise Oldtimer bilanziell CO₂-neutral fahren. Die Kosten dafür sind aber aktuell hoch.

(Bild: Porsche)

Was sind die Nachteile von E-Fuels?

Gegner halten dem entgegen, dass auf absehbare Zeit global kaum überschüssiger Ökostrom massenhaft zur Verfügung stehen wird. Um die teuren Anlagen rentabel betreiben zu können, müssten sie zudem dauerhaft betrieben werden – und nicht nur temporär dann, wenn gerade Ökostrom zur Verfügung steht, der andernfalls abgeregelt werden müsste.

Vor allem aber ist die Produktion von E-Fuels sehr energieintensiv. Der Wirkungsgrad über die Produktion bis hin zum Rad liegt deutlich unter dem eines batterieelektrischen Autos. Teure Produktionsanlagen und hoher Energiebedarf bei der Herstellung legen zudem nahe, dass E-Fuels auch unter Berücksichtigung von möglichen Skaleneffekten nach heutiger Einschätzung nicht billig sein werden. Nicht zu vergessen: Bilanziell mag die Verwendung von E-Fuels in Verbrennungsmotoren CO₂-neutral sein. An Abgasen vor Ort und auch am Lärm von Verbrennern ändert sich lokal durch sie nichts.

Wo sind E-Fuels dennoch sinnvoll?

Die kurze Antwort darauf ist: Überall dort, wo sich anders schlecht bis gar nicht dekarbonisieren lässt. Es wäre also denkbar, dass Flugzeugmotoren mit E-Fuels betrieben werden. Auch für Teile des Lastverkehrs könnten E-Fuels eine Lösung sein, wobei hier die Kosten, in diesem Bereich sehr wichtig, gegen einen großflächigen Einsatz sprechen. In der Individualmotorisierung werden E-Fuels auch deshalb langfristig vermutlich vorrangig dort eingesetzt, wo Treibstoffkosten eine Nebenrolle spielen. Das ist im Rennsport der Fall, wo die Materialkosten jene für Sprit deutlich übersteigen. Auch beim Unterhalt von Oldtimern, die im Jahr maximal ein paar Tausend Kilometer bewegt werden, liegen die Fixkosten oftmals so hoch, dass jene für Kraftstoff nebensächlich sind.

Auch im Motorsport sind die allgemeinen Kosten derart hoch, dass jene für Sprit zu vernachlässigen sind.

(Bild: BMW)

Kann man E-Fuels schon kaufen?

Die Bundesregierung hat auf gesetzgeberischer Seite für einen Verkauf von E-Fuels gerade den Weg freigemacht. Bislang gibt es an einigen wenigen Tankstellen in Deutschland Kraftstoffe mit einem erhöhten regenerativ erzeugten Anteil. Dieser Sprit ist allerdings spürbar teurer.

Was kosten E-Fuels?

Aktuell werden E-Fuels zumeist nur im kleinen Maßstab hergestellt, was die Kosten extrem in die Höhe treibt. In Chile wurde eine große Anlage in Betrieb genommen, mit der erstmals nennenswerte Skaleneffekte eintreten könnten. Diese sind unerlässlich, wenn E-Fuels irgendwann für die Masse der Autofahrer bezahlbar sein sollen. Ein Liter E-Fuels aus einer kleinen Produktionsanlage hat aktuell Gestehungskosten, die nicht etwa zu verwechseln sind mit dem Endkundenpreis, von deutlich mehr als vier Euro je Liter. Optimisten gehen davon aus, dass ein Liter E-Fuels irgendwann zu einem Gestehungspreis von etwa 1,2 bis 1,5 Euro/Liter hergestellt werden kann. Mit Transport, Gewinn und Steuer kommen dann weitere Kosten hinzu, die dann zusammen mit den reinen Produktionskosten den Endpreis an der Tankstelle bilden.

Wann kommen E-Fuels?

Im sehr kleinen Rahmen wird das bald der Fall sein. Porsche will E-Fuels Kunden im Motorsport zur Verfügung stellen. Sollte die Anlage in Chile wie geplant erweitert werden, könnten pro Jahr dort etwa 800 Millionen Liter E-Fuels hergestellt werden. Das dürfte allerdings frühestens Ende dieses Jahrzehnts so weit sein. Dann konkurrieren zudem viele Abnehmer um diesen Sprit. Bevor private Pkws die Chance bekommen, in relevanter Menge E-Fuels zu tanken, dürften diese im Flug- und Lastverkehr eingesetzt werden.

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