Energiewende: EU-Kommission will grünen Wasserstoff subventionieren

Die EU-Kommission stellt 800 Millionen Anschubfinanzierung für eine Wasserstoffbank bereit, um das Henne-Ei-Problem bei der erneuerbaren Produktion zu lösen.

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(Bild: r.classen / Shutterstock.com)

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Bessere Bedingungen für die Herstellung von und Investitionen in saubere Technologien sind das Ziel eines Gesetzespakets der EU-Kommission auf dem Weg zur angepeilten Klimaneutralität. Der am Donnerstag präsentierte "Net Zero Industry Act" (NZIA) soll die Voraussetzungen für die Industriesektoren schaffen, die für das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 entscheidend sind. Im Rahmen der Initiative hat die Brüsseler Regierungsinstitution auch ihre Vorstellungen über die Gestaltung und die Funktionen einer europäischen Wasserstoffbank vorgestellt, mit der sie die Produktion erneuerbaren Wasserstoffs subventionieren will.

Das spezielle Finanzinstrument hat die Kommission prinzipiell bereits mit ihrem Industrieplan für den "Green Deal" angekündigt. Von Herbst 2023 sollen darüber im Rahmen eines Innovationsfonds die ersten Pilotauktionen zur Erzeugung von klimaneutralem Wasserstoff durchgeführt werden. Ausgewählte Projekte erhalten dem Plan zufolge einen Zuschuss in Form einer festen Prämie pro Kilogramm produzierten Wasserstoffs für eine Betriebsdauer von maximal 10 Jahren.

"Wir müssen Wasserstoff-Wertschöpfungsketten aufbauen und die Investitionslücke schließen", begründete Frans Timmermans, der für Klimaschutz zuständige Kommissionsvizepräsident, das Vorhaben. Zurzeit hätten nur 10 Prozent der Wasserstoffprojekte eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen. "Das ist vor allem ein Henne-Ei-Problem", erklärte der Niederländer. Die potenziellen Nutzer von erneuerbarem Wasserstoff warteten mit ihren Investitionen, weil sie nicht wüssten, ob Produzenten das spezielle Gas zu dem Zeitpunkt, an dem sie dieses bräuchten, verfügbar machen könnten. Die Hersteller andererseits seien zurückhaltend, da sich ihre Investitionen lohnen müssten.

"Wir müssen also das Risiko abmildern", betonte Timmermans. Die Wasserstoffbank werde dazu beitragen, "diese Lücke zu schließen". Für in der EU produzierten erneuerbaren Wasserstoff werde sie "die Umweltprämie übernehmen". Dabei handele es sich um die Differenz zwischen den Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff und "dem Preis, den der Markt zu zahlen bereit ist". Die genaue Höhe des Ausgleichs werde im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ermittelt.

"Die Hersteller von erneuerbarem Wasserstoff, die die geringste Unterstützung in Euro pro Kilo produzierten Wasserstoffs benötigen, erhalten den Zuschlag bei der Auktion", führte der Kommissar aus. Eine erste Versteigerung im Wert von 800 Millionen Euro werde aus dem Innovationsfonds finanziert. Sie soll im Herbst beginnen. Für erneuerbaren Wasserstoff, der von außerhalb der EU importiert wird, will die Kommission ein separates Verfahren schaffen.

Die bisher in der Industrie eingesetzten einschlägigen Lösungen sind oft noch alles andere als sauber. Allein Betreiber chemischer Fabriken nutzen hierzulande jährlich knapp zwei Millionen Tonnen sogenannten grauen Wasserstoff. Dieser wird aus fossilen Brennstoffen produziert. Meist wird dabei in Raffinerien Erdgas unter Hitze per "Dampfreformierung" in Wasserstoff und CO₂ umgewandelt. Die Bundesregierung hält auf Dauer nur grünen Wasserstoff für nachhaltig, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wird. Im Vordergrund steht dabei die Elektrolyse, bei der Wasser mithilfe von Strom etwa aus Wind- und Solarkraft in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird.

Jorgo Chatzimarkakis, Geschäftsführer der Lobbygruppe Hydrogen Europe, sprach angesichts des Vorstoßes von einem Wendepunkt für den Hochlauf der europäischen Wasserstoffwirtschaft. Die vorgesehene Bank sei das "Sahnehäubchen" neben anderen Initiativen für saubere Technologien. Andreas Graf, von der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende, wertete die Initiative dagegen als "Tropfen in einem undichten Eimer". Die Produktion von grünem Wasserstoff sei sehr teuer. Um hier auf größere Mengen zu kommen, bestehe ein deutlich höherer Finanzierungsbedarf.

(bme)