SCO vs. Linux: Nur keine Panik?

Jura-Professor Eben Moglen hält die SCO-Ansprüche für nicht stichhaltig; Linux-Schöpfer Linus Torvalds wirft der Unix-Firma vor, sie werde jetzt erpresserisch.

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Von
  • Oliver Lau

Antidot-Lizenzen von SCO wegen vermeintlicher Verletzungen der Rechte am Quellcode von Unix System V hier, Rechtsstreit um Vertragsbruch zwischen SCO und IBM dort -- manch Linux-Anwender mag nicht mehr wissen, wo ihm der Kopf steht: Soll er sich der augenscheinlichen Unbekümmertheit der Distributoren wie SuSE und Red Hat anschließen oder doch besser auf Warnungen vor möglichen Verunreinigungen in Open-Source-Code wie die Unkenrufe von Sun-Chef Scott McNealy hören?

Linux-Schöpfer Linus Torvalds, dessen angeblich laxe Einstellung zu geistigem Eigentum SCO unlängst in einem Zusatz zur Klage gegen IBM kritisierte, hat sich nun in einem E-Mail-Interview mit dem US-Newsdienst CNet zu Wort gemeldet. "Jetzt werden sie erpresserisch", kommentierte er den Schritt von SCO, Lizenzgebühren auf Linux erheben zu wollen. Die Verantwortlichen bei IBM könnten mit dem Code, auf den sie das Copyright haben, tun, was sie wollen, wird Torvalds zitiert: "Wenn bei IBM jemand Code schreibt, dann hat IBM das Copyright auf exakt diesen Teil. Wenn dieser Teil nun irgendwo in Linux auftaucht, dann kann SCO darauf keinerlei Ansprüche erheben." Dieser Code existiere in Linux -- und das sei ein anderes Werk als das, aus dem SCO seine Rechte ableite.

SCO-Sprecher Blake Stowell kann mit dieser Argumentation nichts anfangen. Er erklärte bereits vorab nachdrücklich, dass IBM seinerzeit vertraglich zugesagt habe, die Geheimnisse um Unix zu wahren. AIX als Abkömmling von Unix falle demnach ebenfalls unter die Geheimhaltungspflicht. Als IBM Code aus AIX in Linux überführte und damit als Quellcode veröffentlichte, habe Big Blue Vertragsbruch begangen.

Mit dieser Frage setzt sich auch der Chefsyndikus der Free Software Foundation (FSF), Eben Moglen auseinander. Moglen hatte sich bereits Ende Juni vor die Open-Source-Entwickler und gegen SCO gestellt, indem er betonte, dass die Linux-Entwickler wohl kaum Quellcode nicht-freier Software verwendet und damit gegen die GNU-Statuten verstoßen hätten.

Wie Moglen, Jura-Professor an der New Yorker Columbia University, in einem vom Open Source Development Lab (OSDL) veröffentlichten Papier festhält, sei es unmöglich, die Rechtmäßigkeit der Ansprüche von SCO abschließend zu beurteilen, solange die Verantwortlichen nicht die Beweise vorlegen würden. Bislang beklage SCO lediglich, dass IBM Geschäftsgeheimnisse der Allgemeinheit zugänglich gemacht habe. Das bedinge aber, dass es überhaupt ein Geheimnis gibt, und dass die Klägerin angemessene Maßnahmen ergriffen habe, dieses Geheimnis zu schützen. Beides treffe aber nicht zu. Deshalb könne sich SCO nicht auf Geschäftsgeheimnisse, Warenzeichen oder Patente berufen. Der Fall ranke sich ausschließlich um Copyright-Ansprüche. Beweise habe SCO hier aber noch nicht vorgelegt.

Die Copyright-Frage führt Moglen zum nächsten Punkt, nämlich der von SCO angebotenen Antidot-Lizenz. Lizenzen, meint Moglen, müsse niemand vergeben, der ein Copyright auf ein Werk besitzt, da das Urheberrecht (Copyright Act) dem Urheber bereits weitreichende Exklusivrechte einräume -- nämlich das Kopieren, Verändern und Verbreiten des Werks. Wenn Dritte das tun wollten, so müssten sie den Urheber um Erlaubnis bitten. Der Copyright Act schütze aber nicht das Nutzungsrecht, heißt es bei Moglen. Niemand müsse etwa den Verleger um Erlaubnis fragen, wenn er eine Zeitung lesen wolle.

Linux-Anwender, von denen SCO die "Linux-Steuer" eintreiben will, sollten sich also drei Fragen stellen, resümiert Moglen: Wo sind die Beweise für Zuwiderhandlungen? Welcher Code soll überhaupt kopiert worden sein? Und hat SCO nicht bereits selbst frei kopier-, änder- und verteilbaren Linux-Code in den Umlauf gebracht? (ola)