SCO-Chef: Diese Welt braucht proprietäre Systeme [Update]

Am Rande der Comdex fand die umstrittene Unix-Firma aus Utah ein Forum für ihren Feldzug: Keine Freiheit für Linux.

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Von
  • Erich Bonnert

SCO-Chef Darl McBride ist nach dem juristischen Vorgehen von SCO gegen IBM und die Linux-Community wegen angeblich geklauten Unix-System-V-Codes im Linux-Kernel Anfeindungen gewohnt. Daher rechnete er wohl schon mit spitzen Nachfragen der Medienvertreter auf der CDXPO, einer Konkurrenzveranstaltung zur Comdex, die zeitgleich in Las Vegas stattfindet. Zeit für Fragen hatte sein mitgereister Pressestab dafür reichlich eingeräumt.

Zuvor aber spulte er ungerührt sein Programm ab -- eine ausführliche Darstellung, wie SCO in Besitz der Unix-Urheberrechte und damit zur jetzigen Rechtsposition gegenüber IBM und anderen Unix-Lizenznehmern sowie zahlreichen Linux-Anwendern gelangt sei. Wenige Stunden zuvor, am Dienstagnachmittag Ortszeit, hatte SCO in einer Telefonkonferenzschaltung mit seinem Anwalt David Boies den Medien verkündet, dass innerhalb der nächsten 90 Tage die ersten Klageschriften an große Linux-Anwender verschickt werden, falls diese keine Unix-Lizenz erwerben. Anwalt Boies sei in einem erweiterten Mandat eigens dazu ermächtigt worden. Die Boies-Kanzlei hat ein erhöhtes Honorar erhalten und wird darüber hinaus zu 20 Prozent am Ergebnis der geplanten Eintreibung beteiligt.

Auf Nachfrage wurde SCO-Chef McBride etwas deutlicher. Für die ersten Kandidaten für eine Klagerunde gibt es eine engere Wahl von rund einem Dutzend Unternehmen aus dem Kreis der US-Fortune-1000 sowie der Global-500, also der weltweit größten 500 Firmen. Mit einem blauen Brief müssen allerdings nur solche Anwender rechnen, die im Frühjahr bereits von SCO abgemahnt wurden und denen "das Urheberrechtsproblem mit Linux daher bekannt ist", erklärte McBride.

SCO-Chef Darl McBride meint, die GNU General Public License verstoße gegen das US-Copyrightgesetz.

Nach dieser medienwirksamen Bekanntmachung trat McBride ans Rednerpult der IT-Konferenz CDXPO im Mandalay Bay Convention Center -- unweit vom Tagungsort des Open-Source-Kongresses ApacheCon, der ebenfalls diese Woche in Las Vegas stattfindet.

Seine Kernaussagen fasste McBride in fünf kurzen Sätzen zusammen: SCO

  • besitzt demnach sämtlichen Unix System-V-Code,
  • besitzt alle dazu zugehörigen Urheberrechte,
  • besitzt alle Lizenzvereinbarungen, die Lizenzen von Unix System V betreffen,
  • kontrolliert alle abgeleiteten Entwicklungen aus Unix System V und
  • besitzt sämtliche Ansprüche aus Urheberrechtsverletzungen.

Darüber hinaus sei kein Linux-Anwender durch die GPL vor Rechtsansprüchen geschützt. Diese stehe nämlich im Widerspruch zum US-Copyrightgesetz Digital Millennium Copyright Act von 1998: Jeder, der das intellektuelle Eigentum anderer ohne deren Zustimmung benutzt, mache sich strafbar. Genau diese Position, nämlich dass das Urheberrecht jede andere Vertragsvereinbarung wie die GPL übertrumpft, versuchen SCOs Anwälte vor Gericht durchzusetzen. Vor den Richtern sieht McBride seine Firma nicht -- wie ein altes Juristensprichwort sagt -- in Gottes Hand, sondern glaubt den Ausgang und seine Folgen für die Linux-Gemeinde schon jetzt zu kennen.

Fünf Vorhersagen gab der SCO-Mann daher dem Publikum mit auf den Weg:

  1. Die GPL-Lizenz wird in der heutigen Form nicht überleben -- dies zeige schon der Fall Cisco-Linksys deutlich. Dabei hatte Cisco einen Hardware-Hersteller aufgekauft, der Systemsoftware unter GPL verbreitet haben soll, für die Cisco nun möglicherweise kein Urheberrecht mehr geltend machen kann.
  2. Linux wird es nicht mehr kostenlos geben. Dafür werden Linux-Anbieter wie Red Hat und Novell selbst sorgen, die bereits Aussagen in diese Richtung gemacht hätten.
  3. Unix auf der Intel-Plattform wird sich bei unternehmenskritischen Anwendungen in Fortune1000-Firmen durchsetzen.
  4. SCO wird sich im Streit mit IBM durchsetzen -- die finanziellen Voraussetzungen seien durch eine Aktienausgabe an Privatinvestoren geschaffen.
  5. Es wird eine friedliche, aber konkurrenzhafte Koexistenz von Unix und Linux geben.

Eine weitere kostenlose Dreingabe an alle Zuhörer war eine Denkschrift der World Intellectual Property Organization in Booklet-Form. Titel: Intellectual Property -- A Power Tool for Economic Growth.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Erich Bonnert) / (jk)