LKW-Maut: die europäische Perspektive

Die europaweite LKW- und Bus-Maut soll 2007 kommen und mit einem grenzüberschreitenden Erfassungsverfahren arbeiten; das Überwachungspotenzial solcher Anlagen sorgt gerade in Thüringen für Gesprächsstoff.

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Von
  • Detlef Borchers

Am heutigen Donnerstag soll das Europäische Parlament in erster Lesung über einen Entwurf abstimmen, mit dem die europäische Maut in die Wege geleitet wird. Die europaweite Maut für Busse und Lastwagen soll 2007 kommen und mit einem grenzüberschreitenden Mauterfassungs- und Abrechnungsverfahren arbeiten. In der Vorlage der Parlamentarier ist dabei nicht festgeschrieben, wie das Mautsystem arbeiten soll, ob etwa Satelliten- und Mobilfunk- oder Transponder- und Brückensysteme zum Einsatz kommen: Beim Wettbewerb der Mautsysteme auf den internationalen Märkten werde sich das beste Erfassungsmodell herauskristallisieren.

Im Vorfeld der Lesung hatte die zuständige EU-Kommissarin Loyola de Palacio erklärt, dass nach ihrer Einschätzung die Mautsysteme siegen werden, die nach allen Seiten hin kompatibel sind. Als Beispiel wurden die nahezu baugleichen Mautterminals von Höft & Wessel genannt, die zum einen die Londoner Citymaut erheben und zum anderen beim deutschen Toll Collect zum Einsatz kommen. Die Berichterstatterin der Vorlage, die Europaparlamentarierin Renate Sommer (CDU), ist davon überzeugt, dass sich das deutsche System in Eruopa durchsetzen wird, wenn es den Test auf "Europatauglichkeit" bestanden habe. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Sommer: "Ich verstehe nicht, warum der zuständige Minister in Berlin für das deutsche System nicht mehr werben will."

Gegen eine europaweite Maut gibt es vor allem in England große Vorbehalte. Konservative Abgeordnete vergleichen die Einführung eines europäischen Systems mit dem unerwünschten Einzug des Euros. Gegen das deutsche System gibt es Vorbehalte bei den europäischen Grünen. Sie verweisen auf die Tatsache, dass die Technik der von der Firma Vitronic gelieferten Tollchecker-Brücken in abgewandelter Form bei der Überprüfung aller Fahrzeuge an der bayerischen Grenze zum Einsatz gekommen ist und dabei sein Überwachungspotenzial demonstriert habe.

Das Überwachungspotenzial solcher Anlagen sorgt gerade in Thüringen für Gesprächsstoff. Dort hatte die Thüringer Polizei am Rennsteigtunnel das von der Kölner Firma Vidit Systems entwickelte Kennzeichenlesesystem "Catch Ken" installiert, das die KFZ-Zeichen aller Fahrzeuge mit Fahndungsdaten abgleichen sollte. Angeblich ist die Anlage nicht in Betrieb, doch existiert ein Übernahmeprotokoll vom 24. Oktober. An diesem Tag wurden alle KFZ-Kennzeichen mit den Fahndungsdaten abgeglichen. Catch Ken ist nach Angaben von Vidit Systems für den Einsatz auf den Mautbrücken in Österreich geliefert worden.

Zu den Hintergründen der Mauteinführung in Deutschland, ihrer technische Umsetzung und möglichen Datenschutzproblemen siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)