Kampf gegen Desinformation: Twitter verzichtet wohl auf EU-Verhaltenskodex

Elon Musk hält offenbar nicht viel vom EU-Verhaltenskodex zum Kampf gegen Desinformationen. Twitter verzichtet angeblich bald auf diese freiwilligen Regeln.

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Finger zeigt im Dunkeln auf Twitter-Logo

(Bild: Ascannio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer

Für den Kampf gegen Desinformation im Internet hat die EU-Kommission einen entsprechenden Verhaltenskodex aufgesetzt. Diese Regeln sind zwar freiwillig, werden von den Betreibern großer Online-Plattformen wie Google, Meta, Microsoft und TikTok aber größtenteils befolgt. Twitter ist bislang auch dabei, aber nach verschiedenen Berichten offenbar ab nächster Woche nicht mehr.

Twitter habe demnach der EU-Kommission mitgeteilt, dass die Plattform ernsthaft darüber nachdenke, sich aus dem freiwilligen Verhaltenskodex gegen Fake News zurückziehen. Das melden unabhängig voneinander sowohl Politico als auch Euractiv. Eine endgültige Entscheidung darüber soll im Laufe der nächsten Woche fallen, sollte Elon Musk dies als derzeit noch zuständiger "Chief Twit" offiziell absegnen. In rund vier Wochen übernimmt Linda Yaccarino, die Musk kürzlich als neue Twitter-Chefin berufen hat.

Nach Ansicht eines EU-Offiziellen, der ungenannt bleiben wollte, ist Twitters Rückzug vom EU-Verhaltenskodex zum Kampf gegen Desinformationen lediglich eine Frage der Zeit. Das würde auch die Arbeit der EU-Kommission erleichtern, denn Twitter hält sich kaum an die Transparenz-Zusagen, wie aus Berichten der Online-Plattformen zum Verhaltenskodex Anfang dieses Jahres hervorging. Während andere Betreiber etwa zeigten, wie viele Fake-Accounts erstellt und genutzt wurden oder wie sich Faktenchecks auf die Verbreitung von Desinformationen auswirkten, enthielt Twitters Bericht nur wenige Daten.

Das ist wenig überraschend, hatte Elon Musk nach der Übernahme Twitters doch tausende Mitarbeiter entlassen und setzt bei der Überprüfung von Tweets statt auf Moderatoren auf "Community Notes". Dabei kommentieren Twitter-Nutzer selbst andere Tweets und sorgen gegebenenfalls für Richtigstellungen. Trotzdem hatte Elon Musk der EU-Kommission nach etlichen Ermahnungen die Einhaltung nationaler Gesetzgebung zugesichert. Zudem wolle Twitter die neuen EU-Regeln des Digital Services Act (DSA) teils schon vorab einhalten.

Allerdings ist der EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation lediglich ein freiwilliger Vorläufer des DSA und Twitter ist als große Online-Plattform zur Einhaltung dieser Gesetze für digitale Dienste innerhalb der EU verpflichtet. Dafür wird auch aktive Moderation verlangt. Es könnte empfindliche Strafen geben, wenn Twitter sich nicht an EU-Recht hält. Bis zu sechs Prozent des globalen Jahresumsatzes könnte die EU verlangen. Wenn die Probleme nicht behoben werden, könnten dazu regelmäßige Strafen kommen, die sich aufaddieren.

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Deshalb wird ein Verzicht auf die Einhaltung der freiwilligen Regeln des EU-Verhaltenskodex gegen Fake News als wahrscheinlich erster Schritt Twitters beim Rückzug aus Europa angesehen. Sollte Twitter Europa tatsächlich als lediglich sekundären Markt betrachten und das Befolgen des Digital Services Act für Twitter aufgrund mangelnder Ressourcen nicht möglich sein, wäre dies die logische Folge.

(fds)