MIT verspricht Rekord-Wirkungsgrad für Wasserstoff-Herstellung

Auch solarthermisch, mit großen Spiegel-Kraftwerken, lässt sich Wasserstoff erzeugen. MIT-Forscher versprechen nun einen Rekord-Wirkungsgrad.

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(Bild: r.classen / Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.

Will man Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, denken die meisten an Photovoltaik in Verbindung mit Elektrolyse. Doch es geht auch ohne den Umweg über Strom, sondern direkt mit Wärme der Sonne. Solche Ansätze haben in der Praxis bisher allerdings erst einen relativ niedrigen Wirkungsgrad von rund sechs Prozent erreicht. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat nun ein Verfahren vorgestellt, das auf bis zu 40 Prozent kommen soll.

Forschungsprojekte, die Sonnenhitze zur Erzeugung von Wasserstoff nutzen, gibt es schon länger – etwa Hydrosol, an dem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist. Im spanischen Almeria reflektieren riesige Spiegel die Sonnenstrahlen auf einen Keramik-Absorber, der mit Eisenmischoxiden beschichtet ist. Im Vakuum und einer Temperatur um 1200 Grad Celsius geben diese Oxide Sauerstoff ab. Leitet man jetzt bei 800 Grad Celsius Wasserdampf über die Metalle, holen sie sich den Sauerstoff aus den H₂O-Molekülen zurück (sie verrosten gewissermaßen in Zeitraffer). Übrig bleibt Wasserstoff. Die Anlage besteht aus zwei Absorber-Kammern, die abwechselnd regeneriert werden.

An zwei Stellen geht bei diesem Prozess aber Energie verloren: erstens beim ständigen Wiederaufheizen des Absorbers, zweitens beim Herstellen des Vakuums für dessen Regeneration. Um den Wärmebedarf zu senken, sieht das MIT-Konzept bis zu 50 Reaktor-Kammern vor, die an einem rundlaufenden Fließband aneinander vorbeifahren, ähnlich wie ein horizontaler Paternoster. Dabei pendeln die Boxen zwischen einer heißen solarbeheizten Station mit 1500 Grad Celsius und einer kälteren Station mit 1000 Grad Celsius hin und her. Auf dem Weg zur kälteren Seite geben die aufgeheizten Kammern einen Teil ihrer Wärme per Strahlung an die gegenüberliegenden Kammern ab, die gerade auf dem Rückweg von der kälteren zur wärmeren Seite sind. Auf diese Weise werden die kühleren Kammern bereits vorgewärmt, und die Energie bleibt im System.

Das Design der MIT-Forscher ist aufgebaut wie ein horizontal liegender Paternoster. Es existiert bisher lediglich auf dem Papier.

(Bild: Mit Genehmigung der Forscher / MIT )

Die energiehungrige Vakuum-Pumpen wollen die MIT-Forschenden mit einem zweiten Karussell von Reaktionskammern überflüssig machen. Es läuft parallel zum Ersten, aber mit niedrigerer Temperatur und in gegenläufiger Richtung. In diesen Kammern befinden sich andere, leichter oxidierbare Metalle, welche die Metalle in den primären Reaktorkammern reduzieren. Bisher ist das Ganze nur ein Konzept. Im nächsten Jahr will das Team einen Prototyp bauen.

Martin Roeb, Abteilungsleiter für solarchemische Verfahrensentwicklung am Institut für Future Fuels des DLR, konnte sich auf einem Kongress in Sydney schon mit den Details des Konzepts auseinandersetzen. "Es gab recht intensive Diskussionen darüber", berichtet er. Den versprochenen Wirkungsgrad von 40 Prozent hält er für sehr optimistisch. "Bezogen auf das Gesamtsystem wird von Fachleuten 20 bis 30 Prozent als realistisch angesehen."

Das MIT-Konzept bezeichnet Roeb als "intelligent angelegt, aber bei der Umsetzung mit einigen Herausforderungen verbunden". Eine davon: Wie verhindert man, dass sich die reduzierten Metalle vorzeitig wieder mit Sauerstoff rekombinieren? "Das kann man zwar eingrenzen, aber es komplett zu verhindern ist schwierig", sagt Roeb. Ein weiteres Problem: Das MIT-Konzept sieht vor, dass die einzelnen Reaktoren durch eine Scheibe aus transparentem Material voneinander getrennt sind, um Strahlungswärme optimal übertragen zu können. "Es ist aber nicht ganz klar, welches Material das sein sollte." Und schließlich: Wie soll die Transport-Mechanik bei solchen Temperaturen funktionieren? Öl fällt als Schmiermittel aus, und die meisten Metalle ebenfalls. "Man wird viel mit Keramiken arbeiten müssen", sagt Roeb. "Es wurden ein paar Lösungsmöglichkeiten in den Raum gestellt, aber nach unserer Erfahrung muss die Mechanik so einfach sein wie möglich."

Das Projekt Hydrosol befindet sich derzeit in seiner letzten Projektphase. Roeb rechnet damit, dass im Projekt trotz deutlich größerem Potenzial nur ein Wirkungsgrad von unter sechs Prozent erreicht wird. Das ist deutlich weniger als die Kombination aus etablierten Technologien von Photovoltaik und Elektrolyse, die es laut Roeb derzeit auf 15 bis 16 Prozent bringt.

Größeres Potenzial sieht Roeb bei einem anderen Ansatz: Statt Wasserstoff gleich flüssige Kohlenwasserstoffe erzeugen. Diese würden auch in Zukunft noch für eine ganze Reihe von Anwendungen benötigt, argumentiert Roeb. Bei diesem Verfahren wird nicht nur Wasser durch große Hitze gespalten, sondern auch Kohlendioxid. Das Produkt ist Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, aus dem sich unzählige Kohlenwasserstoff-Verbindungen herstellen lassen, also auch synthetische Treibstoffe.

Diese lassen sich zwar auch mit Strom erzeugen (dann heißen sie "E-Fuels"), aber der besondere Charme des solarthermischen Verfahrens besteht darin, dass H₂O und CO₂ relativ unkompliziert im gleichen Prozess aufgespalten werden. In dieser Beziehung sei die Entwicklung laut Roeb schon deutlich weiter als potenziell konkurrierende Ansätze über den Photovoltaik-Pfad. Bereits 2017 hatte etwa die ETH Zürich ein Verfahren vorgestellt, Kohlendioxid solarthermisch mithilfe von Ceriumoxid in Kohlenmonoxid und Sauerstoff aufzuspalten. Auf dieser Grundlage baute ein internationales Forschungsteam, an dem auch das DLR beteiligt ist, im spanischen Solarkraftwerk Móstoles eine 50-Kilowatt-Demonstrationsanlage, in der alle Schritte von der Gewinnung der Wärme bis hin zur Produktion von fertigem Kerosin integriert sind.

Dieses Projekt namens Sun to Liquid startet Anfang November mit einem leicht veränderten Konsortium in eine neue Phase. "Wir beabsichtigen, den Wirkungsgrad von sechs bis sieben Prozent ungefähr zu verdoppeln", sagt Roeb. (Die Gewinnung des CO₂ ist darin allerdings nicht eingerechnet.) Stellschrauben, den Prozess zu optimieren, gibt es genug: etwa Feintuning bei der Betriebsführung, bessere Wärmerückgewinnung, Nutzung der Abwärme zur Inertgas- oder Vakuumerzeugung (per "thermochemischer Sauerstoff-Pumpe"). Ein großer Hebel sei auch die Optimierung des Solarstrahlungsabsorbers. "Wir brauchen da eine möglich gleichmäßige Temperatur", sagt Roeb. "Im Moment gibt es da aber noch eine gewisse Spreizung."

Ein Konzept der EPFL Lausanne Schweiz geht einen ähnlichen Weg. Das Verfahren eignet sich besonders für den dezentralen Einsatz, denn es setzt nicht auf riesige Solarkraftwerke, sondern auf einzelne Parabolspiegel. Das Team arbeitet nun auch daran, statt Wasser auch Kohlendioxid zu spalten, um daraus E-Fuels herzustellen.

(grh)