Datenschützer kritisieren Whois-Politik

Die Veröffentlichung der Daten zu Inhabern von Domains und IP-Adressen über das Whois-System -- wegen Erreichbarkeit bei technischen Problemen vorgesehen -- bleibt zwischen Datenschützern, Rechteinhabern und Internet-Verwaltung umstritten.

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Von
  • Monika Ermert

Der italienische Generalsekretär für Datenschutz Giovanni Butarelli nannte beim Treffen der Internet-Verwaltung ICANN in Rom die obligatorische Veröffentlichung persönlicher Daten für DNS-Einträge im Whois einen Verstoß gegen europäisches Recht. Butarelli ist Mitglied der Artikel-29-Gruppe der EU Datenschützer und Koautor eines Verdikts des aktuellen Umgangs mit den öffentlich abfragbaren Whois-Informationen über die Inhaber von Domains und IP-Adressen. Butarelli kritisierte, dass die Datenschützer in der Whois-Debatte nicht gehört würden. "Sie sprechen hier beim Treffen in Rom wieder über die Whois-Fragen, haben es aber versäumt, auch nur einen Datenschützer einzuladen und seine Meinung zu hören", kritisierte Butarelli.

Die Kritik der Datenschützer ist nicht neu. Sie hatten in ihrer Stellungnahme vor einem Jahr gefordert, dass ICANN Proxylösungen für die Whois-Einträge anbietet und die Weiterverwendung von öffentlichen Whois-Daten im Rahmen der so genannten Bulk-Whois-Verpflichtungen überdenkt. Und auch wenn die Daten öffentlich verfügbar seien, betonte Butarelli, bedeute das keineswegs, dass damit jede Weiterverwendung erlaubt sei. Im Mittelpunkt steht laut Butarelli die Frage der Zweckbestimmung. "Die ursprüngliche Bestimmung kann nicht einfach ausgeweitet werden, nur weil es Leute gibt, die das praktisch finden."

Ursprünglicher Zweck der Veröffentlichung der Daten zu Inhabern von Internet-Domains und IP-Adressen über das Whois-System war schlicht die Erreichbarkeit im Falle technischer Probleme. Markenrechtsvertreter vertreten etwa vehement die Position, dass das Whois als möglichst komfortables Tool zur Verfolgung potenzieller Piraten dienen soll. "Die Verfügbarkeit dieser Daten kann dabei helfen, Rechtstreitigkeiten durch einen Telefonanruf zu verhindern", sagte Steve Metalitz, einer der Haudegen der Markenrechtsseite. "Ich fände den Download von urheberrechtsgeschützten MP3-Files auch sehr, sehr nützlich für mich, und ich könnte dafür schnell eine Menge Unterstützer mobilisieren, aber das ist nicht die Frage", führte Milton Mueller aus, Professor an der Universität von Syracuse.

Doch die Markenrechtsschützer haben sich so weit eingemauert, dass die Whois-Debatte innerhalb der ICANN kaum noch vom Fleck kommt. Zwar beschäftigten sich auch in Rom erneut drei Arbeitsgruppen mit der Art des Zugangs, der Form der Einträge und der Korrektheit der Daten. Doch echte Fortschritte sind, so beklagte nicht nur Butarelli, nicht zu verzeichnen. Die Verpflichtung, die europäische Registrare dazu anhält, die persönlichen Daten von Domainkunden an Registrys in den USA zu liefern, erklärte Butarelli für null und nichtig. Ein Registrar sagte, sein Unternehmen wisse, dass 50 Prozent seiner .org-Registrierungen völlig lückenhaft seien. "Wir haben das früher einfach nicht gebraucht." Man habe daher der Forderung des .org-Betreibers Public Internet Registry (PIR), alle diese Daten zu übermitteln, gar nicht nachkommen können.

Nutzer sollten sich die Geschäftspolitik ihrer Registrare jeweils genau ansehen. Auch innerhalb Europas sind Datenschützer und Registrare sich nicht automatisch grün. Butarelli sagte mit Blick auf die Situation in Italien, man sei derzeit in ernsten Gesprächen mit der italienischen Registry register.it. Diese kläre ihre Nutzer noch nicht einmal klar über die Datenverwendung auf. Strengere Regeln und eine bessere Durchsetzung erhofft er sich vom geplanten Code of Conduct fürs Internet. Der verbindliche Code ist in dem im Januar in Kraft getretenen neuen italienischen Datenschutzgesetz vorgesehen.

Zur Auseinandersetzung um das Whois-System siehe auch:

Zum ICANN-Treffen in Rom siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)