Digitale-Dienste-Gesetz: Bundesregierung beschließt DSA-Umsetzung

Mit dem Digitalen-Dienste-Gesetz ist die Bundesregierung spät dran. Lange wurde an den Zuständigkeiten geknobelt.

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(Bild: Chokniti Khongchum/Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner
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Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) auf den weiteren Gesetzgebungsweg gebracht. Nach monatelanger Verzögerung haben sich die deutschen Ministerien geeinigt, wie die Zuständigkeiten in Deutschland für die Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) verteilt werden sollen.

Während die besonders großen Anbieter bereits heute die DSA-Regeln umsetzen müssen und dabei der Aufsicht der EU-Kommission unterstehen, ist für die kleineren Anbieter eine Durchsetzung auf nationaler Ebene vorgesehen. Das dafür vorgesehene DDG hätte eigentlich spätestens im vergangenen Sommer durchs Kabinett gehen sollen, damit Deutschland rechtzeitig zum Inkrafttreten des DSA bereit gewesen wäre.

Bis zuletzt wurde um die Zuständigkeiten gerungen. Der Koordinator für Digitale Dienste (KDD) wird erwartungsgemäß eine neue Stelle bei der Bundesnetzagentur. Sie muss laut EU-Anforderung weitgehend unabhängig von politischem Einfluss gestellt sein.

Allerdings ist der KDD nicht für alle Bereiche zuständig: In Paragraf 12 DDG haben sich die Ministerien darauf geeinigt, dass die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz für den Schutz Minderjähriger zuständig sein soll - sofern es sich dabei nicht um Jugendmedienschutz handelt. Dann wiederum greift die Kompetenz der Länder - und dann die Zuständigkeit der dortigen Behörden. Auch diese müssen wiederum ihrerseits den Kriterien des DSA an fachliche Unabhängigkeit von Regierungen genügen.

Kein Problem stellt das für die ebenfalls im DSA vorhandenen Datenschutzvorschriften dar: Die soll der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit durchsetzen – und der ist bereits per DSGVO unabhängig gestellt. Das Bundeskriminalamt wiederum soll als zentrale Ansprechstelle für alle strafrechtlich relevanten Vorgänge dienen.

Die Behörden könnten also noch eine Weile damit beschäftigt sein, ihre Zuständigkeiten und Aufstellung zu klären. "Daran wird sich das DDG messen lassen müssen: Funktioniert die behördliche Zusammenarbeit so gut, dass Plattformnutzende mit dem DSA besser gestellt sein als ohne?", fragt Julian Jaursch, der bei der Stiftung Neue Verantwortung zum Digital Services Act arbeitet. Er warnt davor, den Aufwand zu unterschätzen, der sich mit dem DSA für die zuständigen Behörden jetzt ergebe. Allein das Bundeskriminalamt, das nur für einen Ausschnitt zuständig ist, rechnet durch den DSA mit einem Mehraufwand von jährlich 44 Millionen Euro.

Die Bundesregierung hofft laut ihrem Sprecher Steffen Hebestreit, dass das DDG zum 1. April in Kraft treten könne. Allerdings liege das weitere Verfahren nun bei Bundestag und Bundesrat. Sollte das Gesetz diese nicht schnell passieren, droht ein weiteres Problem: Die Durchsetzung auch gegenüber den größten Plattformen könnte davon mitbetroffen werden - denn dafür braucht es Vertreter aller Mitgliedstaaten im DSA-Ausschuss. Ohne ein funktionsfähiges "Board" könnten weder Anordnungen noch Strafen ausgesprochen werden.

Die Vorsitzende des Ausschusses für Digitales, die Grünen-Politikerin Tabea Rößner, verspricht: "Wir werden uns umgehend im neuen Jahr mit dem Gesetz im Parlament befassen." Dazu soll es unter anderem eine Expertenanhörung im Digitalausschuss geben. "Die Verabschiedung ist überfällig", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Die Wirtschaft brauche hier Klarheit.

Allerdings dürfe das nicht zulasten der Schlagkraft der DSA-Anwendung gehen, fordert Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Sie kritisiert es als nicht nachvollziehbar, dass für einen Teil der Vorschriften die Landesmedienanstalten zuständig sein sollen. "Dadurch wird die Durchsetzung des ohnehin komplexen Digital Services Act unnötig auf mehrere Behörden verteilt und so verkompliziert."

Komplett konträr sehen das die Medienanstalten: "Die Medienanstalten haben in den vergangenen Monaten mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie es sind, die die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung im Netz schon heute vorantreiben", sagt Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen.

Unklar bleibt hingegen weiterhin, was mit den Mitarbeitern des Bundesamtes für Justiz wird, die bislang für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) tätig waren. Hier steht laut einer Sprecherin des Bundesjustizministeriums eine Einigung weiterhin aus. Das NetzDG wird durch das höherrangige Europarecht verdrängt - bei den sehr großen Anbietern ist das bereits heute der Fall.

Bei Telegram etwa liegt der Fall anders: Der Anbieter unterfällt nach Sichtweise der deutschen Behörden dem NetzDG, ist aber bislang nicht von der EU-Kommission als besonders große Plattform mit über 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU eingestuft worden. Trotzdem müsste sich Telegram ab dem 17. Februar 2024 an die Regeln halten, so wie alle anderen Anbieter auch, die unter die DSA-Regelungen fallen.

(anw)