125 Jahre Diesel-Patent: Wie der Selbstzünder ins Auto kam

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Zudem sinkt mit der „luftlosen“ Einspritzung der Verbrauch unter Teillast, ein weiterer Pluspunkt für mobile Anwendungen. Erst die Vorkammer ermöglichte zudem konstruktiv an den Otto-Fahrzeugmotoren orientierte Selbstzünder. Leicht genug für Pkw waren sie noch nicht, aber die Ingenieure arbeiteten zunächst auch nur an Lkw-Maschinen. Pkw-Selbstzünder hatten keine Dringlichkeit, weil sie noch deutlich teurer, somit nur in der gewerblichen Logistik amortisierbar und damit überhaupt erst vermarktbar waren.

Die ersten Lkw mit Dieselmotoren wurden von MAN, Benz & Cie. und der Daimler-Motoren-Gesellschaft ab 1923 erprobt und schon ein Jahr später auf der IAA in Berlin marktreif vorgestellt. Die Autos fuhren mit einem 45 bis 50 PS leistenden Vierzylinder namens OB 2 mit 8,8 Litern Hubraum bei 125 Millimeter Bohrung und 180 Millimeter Hub und einer Nenndrehzahl von 1000/min. Im Winter 1923 wird das eindrucksvolle Ergebnis veröffentlicht: „Eine Vergleichsfahrt (mit zwei baugleichen Fünftonnen-Lkw, davon einer mit der serienmäßigen Otto- der andere mit der neuen Diesel-Motorisierung) über 103 Kilometer hügeliges, anspruchsvolles Gelände mit voll beladenen (…) Wagen ergab unter absolut gleichen Bedingungen für den Benzolmotor-Wagen einen Gesamtverbrauch von 40,66 Kilogramm, für den Dieselwagen 29,95 Kilogramm, also eine Ersparnis an Kraftstoffgewicht von 32 Prozent, an Kraftstoffkosten von 86 Prozent.“ Damit war erstmals bewiesen, dass sich der Aufwand lohnte. Die Veröffentlichung wurde, ganz marketingtechnisch gedacht, kurz vor den Verkaufsbeginn gelegt.

Am Erfolg dieser Motorisierung kam auch Bosch nicht vorbei, der bis dahin der internationalen Automobilindustrie Zündanlagen für Ottomotoren lieferte. Bereits 1927 konnte der Zulieferer eine gewissermaßen schlüsselfertige Anlage aus einer Reiheneinspritzpumpe und Einspritzventilen anbieten, die an praktisch jeden Motor der autogerechten Hubraumklasse anpassbar war. 1929 ließ der deutsche Autohersteller Stoewer mithilfe des Einspritz-Spezialisten Lang unter Verwendung dieser Bosch- Einspritzausrüstung einen eigenen Ottomotor zum Selbstzünder umbauen und hatte so mit relativ kleinem Aufwand den ersten Diesel-Pkw-Prototypen geschaffen. Freundlich aufgenommen wurde der neue Motor zunächst auch in den USA, wo der Diesel-Pionier Cummins 1930 einen Packard und 1931 einen Duesenberg verdieselte und einige aufsehenerregende Verbrauchs- und Geschwindigkeitsfahrten unternahm.

Die Mehrlingsgeburt von 1936

1936 darf dann gleich in mehrfacher Hinsicht als Geburtsjahr des Diesel-Pkw gelten, wenn auch nicht alle der Mehrlinge am Markt überlebensfähig waren. In diesem Jahr stellte Citroën im Rahmen der Mondial de l'Automobile in Paris den ersten für die Serienfertigung gedachten Pkw, das seit 1933 in Zusammenarbeit mit dem bis heute aktiven Ingenieurbüro Ricardo entstandene Modell 8 CV „Rosalie“ vor. Der 1766 Kubikzentimeter große Vierzylinder führte erstmals eine moderne Alternative zur Vorkammer ein, die von Ricardo erst 1931 entwickelte Wirbelkammer mit dem passenden Namen „Comet“. Er leistete 40 PS und beschleunigte den 8 CV auf bis zu 103 km/h. Am Ende wurden dann aber mangels Pkw-Nachfrage nur knapp 3000 Leicht-Lkw-Versionen des 8 CV mit Dieselmotor gebaut.