60 Jahre und kein bisschen leise: Porsche feiert Geburtstag

Im Juni 1948 erhielt erhielt der erste Porsche-Prototyp mit der Fahrgestellnummer 356-001 seine Straßenzulassung. Anlass genug für einen Rückblick auf die Firmenhistorie und die schönsten Modelle

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  • rhi
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Stuttgart, 12.06.2008 – Vor 60 Jahren, am 8. Juni 1948, erhielt der erste Porsche-Prototyp mit der Fahrgestellnummer 356-001 seine Straßenzulassung. Seine Entstehungsgeschichte steht für den Tüftler- und Pioniergeist, der das Zuffenhausener Unternehmen seither prägt: „Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen“, erinnerte sich Ferry Porsche – einziger Sohn des Autokonstrukteurs Ferdinand Porsche, später.

Höhen und Tiefen

Damals konnte niemand ahnen, dass der Sohn des Käfer-Erfinders mit seinem unter Verwendung von Volkswagen-Teilen entstandenen Prototyp den Grundstein für ein familiengeführtes Industrie-Unternehmen legte, dessen Sportwagen Weltruhm erlangten und das inzwischen auch zum Mehrheitsaktionär der Volkswagen AG aufgestiegen ist. Dabei hat Porsche in den vergangenen sechs Jahrzehnten auch existenzbedrohende Tiefen erlebt. Im Jahr 1992 durchlief Porsche den Höhepunkt der schwersten Krise seiner Firmengeschichte. Das Unternehmen schrieb Verluste und lief Gefahr, sein kostbarstes Gut zu verlieren – seine Unabhängigkeit. Porsche war plötzlich ein Übernahmekandidat. In dieser Situation beriefen die Eigner-Familien Porsche und Piëch Dr. Wendelin Wiedeking auf den Chefsessel, der die Wende zum besseren einläuten sollte – mit offensichtlichem Erfolg, denn der Westfale ist bis heute unangefochtener Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und Medienberichten zufolge einer der bestbezahlten Manager der Bundesrepublik.

Breite Modellpalette

Den Turnaround schafften Wiedeking und seine Vorstandskollegen, indem sie unter den Schlagworten „Lean Management“ und „Lean Production“ neue Organisations- und Produktionsabläufe einführten und gewachsene Hierarchieebenen grundlegend umkrempelten. In der Folge wandelte sich das Zuffenhausener Unternehmen vom kleinen Sportwagenspezialisten, der Auto-Legenden wie den 356 und den 911 geschaffen hatte und internationale Rennerfolge en gros einfuhr, zum Anbieter einer breiten Modellpalette, die heute vom Boxster über den Evergreen 911 bis zum SUV Cayenne reicht. Heute zählt Porsche nach eigenen Angaben zu den profitabelsten Automobilherstellern weltweit.

60 Jahre und kein bisschen leise: Porsche feiert Geburtstag

David gegen Goliath

„Wir haben uns immer als David gesehen, der sich gegen die Goliaths der Branche behaupten muss. Dieses Selbstverständnis hat uns in all den Jahren geprägt – es hat uns aber auch erfolgreich gemacht", resümiert Porsche-Chef Wiedeking. Etliche Volkswagen-Beschäftigte fürchten indes, dass Wiedeking auch den Wolfsburger Massenhersteller nach Porsche-Vorbild umkrempeln könnte und dass im Zuge von „Lean Production“ zahlreiche Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen könnten. Mit knapp 31 Prozent ist Porsche heute der größte Einzelaktionär in Wolfsburg, und Porsche will seinen Anteil an VW noch in diesem Jahr auf über 50 Prozent erhöhen. Die Wolfsburger hoffen, dass dank des VW-Gesetzes auch in Zukunft weitreichende Beschlüsse nicht am Land Niedersachsen vorbei gefasst werden dürfen, was bislang das „VW-Gesetz“ von 1960 garantiert hat. Doch das in dieser Form einmalige Gesetz zum Schutz eines Automobilkonzerns ist heftig umstritten zwischen der Europäischen Kommission und Europäischem Gerichtshof auf der einen und dem Land Niedersachsen und der Bundesregierung auf der anderen Seite. Noch ist offen, ob die in Brüssel mit Argwohn betrachtete Gesetzesnovelle im Ergebnis den VW-Traditionalisten oder Porsche in die Hände spielt.

CO2, SUV und 1-Liter-Auto

Doch auch im eigenen Haus stehen die Zuffenhausener vor einer Zäsur: Brachte die weit gefächerte Modellpalette Porsche zurück auf die witschaftliche Erfolgsspur, könnte sich der CO2-Ausstoß der aktuellen Modellflotte zum Bumerang entwickeln. Wirklich sparsam – einmal abgesehen von den bis 1963 gefertigten Ackerschleppern namens Porsche-Diesel – sind Porsches Autos traditionell nicht. Und auch innerhalb der Klientel, die sich ein Über-SUV vom Schlage eines Cayenne und das regelmäßige Auffüllen des Tanks locker leisten kann, wachsen Zweifel daran, ob ein 250 km/h schneller Dreitonner noch in die Landschaft passt: Der – zwischenzeitlich abgewählte – Londoner Bürgermeister Ken Livingstone, plante die City-Maut für Spritschlucker drastisch zu erhöhen, woraufhin die Porsche-Niederlassung in Großbritannien die Gerichte bemühen wollte.

Doch der mächtigste Mann bei Porsche und VW scheint in Sachen Flottenverbrauch die Zeichen der Zeit erkannt zu haben: Porsche-Enkel Ferdinand Piëch prophezeite im Frühjahr, dass ein 1-Liter-Auto spätestens 2011 in Serie gehen werde. Als sich der Porsche-Großaktionär und heutige VW-Aufsichtsratsvorsitzende 2002 von seiner damaligen Position als VW-Vorstandsvorsitzender verabschiedet, fährt er PR-wirksam mit einem 1-Liter-Prototyp auf deutschen Straßen. Und nicht nur durch symbolische Akte wie diesen wird deutlich, wie eng verzahnt die Geschicke von Porsche und VW bleiben werden: Sobald die gemeinsame Unternehmensholding steht, könnten sparsame Autos aus Wolfsburg den CO2-Ausstoß der Porsche-Modelle in einem gemeinsamen Flottendurchschnitt ausbalancieren, um die EU-Grenzwerte zu erfüllen, prognostiziert EU-Kommissar Günter Verheugen.

60 Jahre und kein bisschen leise: Porsche feiert Geburtstag

Neues Werksmuseum im Bau

Noch bevor das Jubiläumsjahr 2008 zu Ende ist, will Porsche den Neubau seines Werksmuseums fertigstellen: Auf 5600 Quadratmetern Ausstellungsfläche sollen rund 80 Exponate aus dem Pool von über 300 Museumsfahrzeugen zu sehen sein. Während die Bestückung der Edel-Garage am Porscheplatz regelmäßig wechselt, sind andere historische Porsche als „Rollendes Museum“ unterwegs.

Hamburger Sammlung

Wem die Eröffnung des Porsche-Museums zu weit hin ist, kann sich mit einem Ausflug nach Hamburg die Wartezeit vertreiben: In der Hafen-City eröffnete im April mit der Sammlung Prototyp die nach Einschätzung der privaten Betreiber „größte Porsche-Sammlung nördlich von Zuffenhausen“ ihre Pforten. Neben perfekt restaurierten Porsche-Modellen sind dort auch zahlreiche weitere Konstruktionen von Ferdinand Porsche und rare Vehikel mit Boxermotor zu sehen.

(ssu/heise Autos) /