Was macht eigentlich der russische Autobauer GAZ? Ein Werksbesuch

Hirsch auf Trab

Der russische Autobauer GAZ stand noch vor ein paar Jahren kurz vor der Pleite. Doch Russlands Lkw-Hersteller GAZ erfindet sich neu. Dank massiver Investitionen, moderner Fertigungsanlagen und Aufträgen aus Europa kann er es sich sogar leisten, Eigenentwicklungen voranzutreiben

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Von
  • Jürgen Wolff
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Nischni Nowgorod, 19. Oktober 2015 – Der russische Autohersteller GAZ fertigte seit 1932 Busse, Transporter und Lastwagen, später auch die bekannten Funktionärslimousinen Wolga und Tschaika. Darüber hinaus gab der Staat üppige Staatskarossen in Einzelanfertigung in Auftrag. Doch nach dem Ende der Sowjetunion zeigte man sich dem rauhen Markt nicht gewachsen und stand vor ein paar Jahren kurz vor der Pleite. Doch inzwischen zeigt sich Erfolg, gestützt durch Auftragsfertigung für europäische Hersteller.

Zwar machen die zumeist in den 30er-Jahren errichteten Backsteingebäude auf dem weitläufigen Gelände in Nischni Nowgorod, rund 500 Kilometer östlich von Moskau, immer noch einen wenig vertrauenerweckenden Eindruck. In den zigfach getünchten Zäunen um die Grünflächen wechselt sich der rote Sowjetstern mit dem Firmenlogo ab, dem trabendenden Hirschen. Doch in den Hallen selbst ist längst wieder Hoffnung eingekehrt – und moderne Zeiten.

Auf mehr als 200.000 Quadratmetern laufen Škoda Yeti und Octavia, VW Jetta und der Mercedes Benz Sprinter Classic (der vorangegangenen Generation T1N) vom Band. Parallel dazu GAZ-eigene Kombis, Busse und Pritschenwagen. Über 40.000 Fahrzeuge produziert Volkswagen hier aktuell im Jahr, ausschließlich für den russischen Markt. Ausgelegt ist das Werk für 100.000 Stück – aber die Schwäche der russischen Wirtschaft hat erst einmal einen Strich durch die hochgesteckten Ziele gemacht. Immerhin: Nach nicht mal einem Produktionsjahr lief im Sommer der 10.000ste Transporter vom Band. „Der Sprinter Classic ist das richtige Produkt für den russischen Markt. Er ist robust, maßgeschneidert und durch seinen attraktiven Einstiegspreis hier in der Region sehr beliebt“, erklärt Hans-Joachim Rettich von Daimler.

Teile aus Mexiko und Eigenproduktion

Produziert wird unter den Qualitätskriterien der deutschen Stammwerke. Während Volkswagen die meisten Teile, die in Nischni Nowgorod montiert werden, noch aus Mexiko und Deutschland anliefert, baut Mercedes die OM646-Dieselmotoren, die in den Sprinter Classic ihren Dienst tun, komplett im GAZ-Motorenwerk Jaroslawl. Dort montiert GAZ seine Vier- und Sechszylinder-Reihenmotoren auf aktuellem Stand der Technik. Die neuen GAZ-Fertigungen wurden 2013 zusammen mit Beratern von Toyota entworfen.