Die BMW HP4 mit "Dynamic Damping Control"

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Zwar erhielten wir nicht mehr technische Beispiele fürs DDC, dafür aber einen Einblick ins Münchner Marketing. Die Gabel der Vorderachse kommt zum Beispiel ohne Federwegsensoren aus. Ebenso fehlt ihr die separate Einstellung von Druck- und Zugstufe. Beide Optionen sind an der Hinterachse jedoch in Serie verbaut. Rechtfertigt der Unterschied im Fahrgefühl etwa nicht, das auch vorne einzubauen? "Anders", sagt BMW dazu lapidar, "Wir wollen uns einfach Spielraum nach oben lassen. Sonst haben wir ja unser ganzes Pulver gleich zu Anfang verschossen." Den Federwegsensor gibt es zusammen mit separater Stellung von Druck- und Zugstufe im Racing-Zubehör von BMW gegen Aufpreis.

Wartungstechnisch ist das DDC recht robust ausgelegt: Die Gabel soll alle 30.000 km frisches Öl für die äußere Kammer kriegen, das Federbein hat gar keine fixen Wartungsintervalle.

Nachbauanleitung

Die Angst der Ingenieure vor dem Nachbau ist verständlich. Schließlich baute Aprilia für die APRC denselben Bosch-Sensorcluster ein, verwendete ihn aber eleganter. Sie konnten ja außer auf ihre eigenen auch auf die Erfahrungen der BMW-Kunden zugreifen. Und Ducati stimmte in der Panigale dasselbe Bosch-ABS wie in der S 1000 RR einfach etwas gekonnter ab. Man darf davon ausgehen, dass in Italien bereits Prototypen mit kontinuierlicher Dämpferverstellung fahren, vielleicht auch mit angepassten magnetorheologischen Systemen. Jedenfalls hat BMW in der Abstimmung deutlich nachgelegt. Das ABS, dessen Hinterrad in der Standardeinstellung für meinen Geschmack zu stark mitgebremst wurde (und daher für Unruhe in der Bremszone sorgte), fühlt sich viel unaufgeregter an. Wie bei der Panigale erlaubt es nun zudem ab Setting "Slick" negativen Schlupf am Hinterrad für Bremsdrifts.

Die Traktionskontrolle DTC hat zu Aprilia aufgeschlossen und wie beim Konkurrenten kann man jetzt außer Modi wechseln (die alles umstellen von Motoransprechverhalten bis ABS-Eingriffstärke) auf "Slick" auch die Stärke des Regeleingriffs steuern. BMW verwendet dazu einen Kippschalter am linken Lenkerstummel, was in der Hitze des Gefechts eine etwas fummligere Lösung als jene von Aprilia ist: Daumenschalter, Zeigefingerschalter, beide direkt am Griff wie eine gute Shimano-Schaltung. Wie die RSV4 wertet BMW jetzt zudem den Längsbeschleunigungssensor des Clusters aus, um Wheelies sanft abzusetzen. Das harte Aufdotzen des Vorderrads oder gar das gelegentliche Hüpfen in einem überkorrigierend aufschaukelnden Regelkreis haben einige Rennfahrer BMW schwer angekreidet. Mit diesem genauen Wheelie-Sensor wurde es auch möglich, wie die RSV4 eine Startautomatik zu implementieren. Anders als beim Auto muss der Fahrer hier noch die Kupplung selber bedienen, es ist jedoch eine Erleichterung zu gleichzeitig Gas geben, Kupplung dosieren und das Vorderrad am Boden halten.