Ein Jahr Abgas-Skandal bei Volkswagen

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Vergleichbare Aktionen in Europa sieht Volkswagen nicht vor. Einige Kunden klagten daher gegen VW auf einen Rückkauf ihres TDI-Volkswagens. In ersten Entscheidungen deutscher Gerichte waren diese Klagen weder gegen die Volkswagen AG noch gegen Händler erfolgreich. Wir werden diese Verfahren auf dem Weg durch die Instanzen beobachten und berichten, wenn entsprechende Urteile fallen.

Volkswagen bewirbt indes verstärkt ihre Plugin-Hybrid-Autos und wird in Paris weitere Produkte aus dem Elektrifizierungsbaukasten vorstellen. In der PR lässt VW es so aussehen, als sei das ein Resultat des Skandals, eine gelernte Lektion, wobei das allerdings nur auf der allerobersten Lackschicht einen Hauch Wahrheit enthält: Ein Auto oder gar ein Baukastensystem baut man nicht über Nacht, das dauert einige Jahre. Was jetzt kommt, wäre sowieso gekommen. Es wird jetzt nur anders darüber gesprochen. Es ist jedoch durchaus möglich, dass der Skandal ab dem 18. September 2015 einen Richtungswechsel auslöste, den wir in einigen Jahren begutachten können.

Was ist mit den anderen Herstellern?

Nachdem Volkswagen seinen Betrug zugab, wurden sehr viele Autos vermessen und in der Berichterstattung oft verwirrend alles in einen Topf geworfen, CO2, NOx, Realverbräuche, NEFZ-Verbräuche, Prüfstandsabgase, prüfstandsähnliche Fahrten draußen, anekdotische Gefühle. Im riesigen erhobenen Datenmaterial fanden sich durchaus Hinweise darauf, dass andere Hersteller ähnliche Methoden angewandt haben könnten. Man muss hier unterscheiden zwischen legal zugelassenen Abschalteinrichtungen und potenziell illegalen Abschalteinrichtungen. So dokumentierten zum Beispiel sowohl Daimler als auch Opel gegenüber Vorwürfen der DUH ihre Zulassungen inklusive der Temperaturfenster. Bei Daimler geriet etwa die Diesel-C-Klasse in Verruf, weil sie unter +10° C die Stickoxid-Reinigung größtenteils abschaltete. Diese Abstrusität wurde jedoch von deutschen Behörden genau so zugelassen. Sichtet man die erreichbaren Daten, erscheint der Unterschied zwischen legaler und illegaler Abschalteinrichtung fast völlig willkürlich. Einheimische Hersteller sind meistens legal. Beim Ausländer schaut man vielleicht genauer hin, wenn wie jetzt ein politischer Druck vorliegt.

Besonders deutlich belegt das Beispiel FCA die Problematik: Fiat-Diesel emittieren nach knapp 22 Minuten Laufzeit plötzlich enorm viel mehr Stickoxide. Das Bundesverkehrsministerium sieht in diesem schlichten Timer einen sehr einfachen, dreisten Versuch, die Abgasvorschriften im Realbetrieb zu umgehen, denn der zugehörige Prüfstandslauf dauert 20 Minuten. Das KBA schrieb dazu in einer Untersuchung: "Damit ist aus unserer Sicht der Nachweis des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung erbracht. [...] Die Ansicht der italienischen Typengenehmigungsbehörde, die Abschalteinrichtung werde aus Gründen des Motorschutzes verwendet, kann Deutschland nicht teilen." Zusätzlich zum Timer schaltet Fiats Motorsteuerung ihre NOx-Speicherkats nach sechs Regenerationsdurchgängen schlicht ab. Das spart dem Kunden dann Treibstoff, das Abgas hat dann aber mit den Zulassungswerten nichts mehr zu tun. Fiat verweist auf die rechtlich gültige Zulassung der italienischen Behörden. Die italienische Regierung mauert. Ein EU-Ausschuss soll vermitteln.