Kongress der Grünen Bundestagsfraktion zur automobilen Zukunft

Elektroauto: Klimaretter oder Feigenblatt?

Die Frage, ob Elektroautos aus dem CO2-Dilemma führen, diskutierten Vertreter etablierter Autofirmen, Start-ups und Experten kontrovers und aufschlussreich. Auch Grüne stellen alte Positionen in Frage, lehnen aber Atomstrom für E-Mobile kategorisch ab

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  • ssu
Inhaltsverzeichnis

Berlin, 2. Mai 2008 – „Fährt das Auto der Zukunft elektrisch?“ – unter dieses Motto stellte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen eine Konferenz, zu der sie Ende April Branchenvertreter, Experten und Politiker eingeladen hatte. Rund 250 Gäste folgten dem Ruf ins Paul-Löbe-Haus unweit des Reichstagsgebäudes. Kontroverse Diskussionen versprach die Zusammensetzung der Rednerliste – sogar Matthias Wissmann (CDU) kam in die vermeintliche Höhle des Löwen: Der heutige Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) war von Mai 1993 bis zur Abwahl der Regierung Kohl 1998 Bundesverkehrsminister.

Prognose 1,8 Milliarden Autos 2020

Ende des kommenden Jahrzehnts wird es rund 1,8 Milliarden Kraftfahrzeuge auf der Erde geben, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Herrmann, gestützt auf Prognosen, voraus. Für Fritz Kuhn, Gründungsmitglied der Öko-Partei und inzwischen Vorsitzender der Bundestagsfraktion, steht daher fest, dass Autos in ihrer „heutigen Form“ in einem Jahrzehnt nicht mehr exportfähig sind – ganz Realo gab sich Kuhn besorgt, der deutschen Autoindustrie könnte das Schicksal der Stahlindustrie drohen, in der seit dem Ende der 1970er zehntausende Arbeitsplätze weggebrochen sind. Beispielhaft für die Abhängigkeit einer ganzen Region von einer Schlüsselindustrie steht die Schließung der Stahlwerke in Duisburg-Rheinhausen: Ende 1987 demonstrierten Hunderttausende im gesamten Ruhrgebiet, doch konnten sie die Schließung der Hochöfen letztlich nicht abwenden.

Politische Rahmenbedingungen

Die deutschen Autofertiger hätten schon im Fall von Dieselpartikelfiltern und Hybrid-Antrieben wichtige Umwelt-Technologien und damit Marktchancen verschlafen, monierte Kuhn. Dabei seien die Grünen, die 2007 erstmals mit einem eigenen Stand auf der IAA vertreten waren, dort von zahlreichen Automobil-Ingenieuren hinter vorgehaltener Hand förmlich angefleht worden, mit gesetzlichen Vorgaben Druck auf ihre Arbeitgeber auszuüben, damit diese die Entwicklung von SUVs und anderer Spritfresser zugunsten der Entwicklung sparsamer Fahrzeuge aufgebe. Kuhn will den automobilen Dinos denn auch mit einem progressiven CO2-Steuertarif zu Leibe rücken. Ganz ähnlich sieht das im übrigen die Londoner Stadtverwaltung, die die City-Maut für Verbrauchsriesen drastisch erhöhen will. Für Kuhn und den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann, ist die Aufgabenteilung zwischen Politik und Automobilwirtschaft klar: Der Gesetzgeber schafft einen ordnungspolitischen Rahmen, den Rest müssten Forscher und Entwickler erledigen. Dazu seien jene umso besser in der Lage, je klarer definiert die Vorgaben aus der Politik seien.