Elektroauto: Klimaretter oder Feigenblatt?

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Wann kommt der Wechsel-Akku?

Gelinge es Better Place, begünstigt durch einen Partner mit vorhandenen eigenem Tankstellennetz, Standards für Schnellladestationen oder robotergesteuerten Akkuwechsel zu setzen, könnte Better Place als „First Mover“ im Markt Standards setzen, betont Paluska. Dem halten Hybrid-erfahrene Marktteilnehmer wie Toyota-Manager Wendt entgegen, dass die Akku-Einheit auch in Zukunft als fester Fahrzeugbestandteil zu betrachten sei, der auf den jeweiligen Autotyp maßgeschneidert werden müsse – bei Lithium-Ionen-Akkus zähle neben dem Kollisionsschutz die Einhaltung der Betriebstemperatur zu den Herausforderungen. Welchen komplexen Anforderungen eine Akkueinheit auf Li-Ion-Basis genügen muss, zeigt beispielhaft die von Magna Steyr auf dem Genfer Salon 2008 vorgestellte Li-Ion-Einheit für Kfz.

Zusatznutzen

Hybrid- oder Elektrofahrzeuge müssten einen Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen Autos bieten, um am Markt erfolgreich zu sein, findet Dr. Wolfgang Steiger, Leiter der VW-Forschungsabteilung Antriebe. Der Markterfolg von E-Mobilen hänge maßgeblich vom Verkaufspreis ab. Die einzelnen Möglichkeiten zur Verbrauchsreduzierung müssten daher mit Bedacht gewählt werden, damit die Herstellungskosten nicht aus dem Ruder laufen. Dabei verwies Steiger auf die Erfahrungen, die VW mit dem Lupo 3L gesammelt hat: Der Aufwand zur Gewichtsreduzierung habe 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber dem Standard-Lupo ausgemacht, doch habe die Abspeck-Kur gerade zu 50 Prozent zur Verbrauchsreduzierung beigetragen.

Nach Steigers Einschätzung werden Hybrid-Technologien im Verlauf der nächsten zehn Jahre Einzug in alle Fahrzeugsegmente halten, wobei der Verbrennungsmotor als Antriebskomponente für Fahrstrecken von 400 km und mehr die Nase vorn haben werde. Dabei könnten Biokraftsoffe der 2. Generation (BTL) eine zunehmende Bedeutung erlangen. BTL besitze den großen Vorteil, dass es in den gleichen Zapfanlagen wie fossiler Sprit angeboten werden könne.

Im Kurzstreckenbetrieb kann sich Steiger einen wachsenden Anteil von Plug-in-Hybriden, sprich akkubetriebenen Elektroautos, vorstellen. Für Entfernungen bis zu wenigen hundert Kilometern böten sich Brennstoffzellen als Energiespeicher für den elektrischen (Teil-)Antrieb an.

Vision und Wirklichkeit

Wie weit Kundenwunsch und Wirklichkeit bei alternativen Antrieben mitunter auseinanderdriften, wird am Beispiel des Schweizer Elektrofahrzeug-Projekts Mindset deutlich: Die Begeisterung, mit der Mindset-CEO Murat Günak das Projekt in Berlin vorstellte, wirkte auf viele Besucher ansteckend. Mindset wendet sich bewusst an eine Zielgruppe, für die Automobilität ein Stück Lebensqualität bedeutet. Mit einem herausnehmbaren "Range Extender" soll das Fahrzeug 800 km weit kommen, ohne dass die Akkus an eine Steckdose müssen. Ein Kongress-Zuschauer wollte wissen, ob der Range Extender in ausgebautem Zustand auch als "kleines Blockheizkraftwerk" Verwendung finden könnte. Doch soweit sind die Schweizer längst nicht: Bis auf weiteres steckt in der Rage-Extender-Box ein 2-Zylinder-Ottomotor mit 27 PS, der per Generator die Akkus auflädt – die Wirkungsgradverluste passen nicht wirklich in die schöne neue Elektro-Welt.