Ferrari F40: Posterboy der Schulterpolster-Ära

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Der F40 war teuer. 444.000 Mark rief Ferrari damals auf und lieferte den Kunden ein spartanisch ausgestattetes Fahrzeug ohne Geräuschdämmung, Radio oder Bremskraftverstärker, dafür mit offener Schaltkulisse und Seilzugöffnungen. Das Leistungsgewicht thronte über allen anderen Befindlichkeiten. Und es lohnte sich. Immerhin ließ der Wagen den Porsche 959 hinter sich ... wenn man ihm Zeit ließ. Denn in der Praxis benötigte der Ferrari 4,6 Sekunden auf Tempo 100, was eine Sekunde mehr ist, als der deutsche Konkurrent benötigte. Erst hinten raus konnte der Italiener dann Meter gut machen.

Erzfeind Porsche 959

Das Problem ist der gewaltige Antritt. Es fehlt zu Beginn einfach an Traktion, wenn zwischen 3000 und 4000 Touren die Apokalypse gen Gummiwalzen gefeuert wird, was den Paradespurt etwas würdelos gestaltet. An eine Schlupfregelung (auf Denglisch: „Traktionskontrolle“) hatte niemand gedacht. Ab Tempo hundert ist es dann vorbei mit dem Rumgeeiere und der F40 holt kräftig auf. Wobei deutlich wird, dass Porsche mit dem 959 die reifere Technik auf der Straße hatte, während Ferrari es mit nackter Gewalt versuchte.

Um es mit dem Porsche 959 aufnehmen zu können, musste Ferrari tief in die Trickkiste greifen. Pininfarina war für die Karosserie zuständig und machte alles, was der Windkanal befahl. Weswegen der Wagen übersät ist mit Schlitzen und Öffnungen, die kühlen, beatmen und Abtrieb garantieren. Kein einziges Loch diente dekorativen Zwecken. Dazu kommt freilich der unübersehbare Spoiler.

Um den hochkomplizierten Rohrrahmen von Vaccari in Modena kuscheln sich Karosserieteile aus Kunststoff, die wiederum so wenig Lack tragen, dass man sich fragen muss, woher der Wagen seine brüllende Farbe hat. Überhaupt ist das Thema Gewicht das dominierende. Aluminium, Karbon und Kevlar hießen die Zaubermaterialien. Hinten brutalisieren drei zentrale Auspuffrohre das Heck, wobei das mittlere für die Abgase aus dem Bypass-Ventil des Laders zuständig ist.

Ganz subjektiv sollte erwähnt werden, dass der Ferrari F40 trotzdem ausgereifter und klassischer wirkt als der Porsche 959, der etwas steril daherkommt. Nur logisch ist da, dass der F40 – zumindest gefühlt – das Duell um die Posterplätze an den Kinderzimmerwänden deutlich gewonnen hat.

Gewalt ist keine Lösung

Für die Experten reichte das nicht. Testfahrer zerrissen das Fahrzeug, dessen Fahreigenschaften und Technik gegen den deutschen Konkurrenten keinen Stich machen konnte – mal abgesehen von der Höchstgeschwindigkeit, und um etwas Anderes ist es Ferrari wohl nie gegangen. Dazu kam, dass sich beim Einsteigen jeder Fahrer erst einmal erniedrigen musste. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Der Wagen ist gerade einmal 1,13 Meter hoch, besitzt aber vergleichsweise breite Schweller. Gerade im Hinblick auf die Ferrari-Kundschaft war das beinahe schon bösartig von den Italienern.

Doch es reichte, um aus dem F40 eine Legende zu machen. Das mag jetzt pietätlos klingen, dazu trug wohl aber auch bei, dass Enzo Ferrari im August 1988 starb. Damit war der F40 der letzte Wagen, der unter der Regie von il Commendatore entstand. Entsprechend wahnwitzig waren bald die Preise, die für den Wagen gezahlt wurden. Der Höchstpreis lag bei 3,2 Millionen Mark, die gezahlt wurden, als der Wagen noch produziert wurde. Und das obwohl es, entgegen einer Ankündigung Ferraris, kein limitierter Wagen war. Ursprünglich sollten lediglich 450 Stück gebaut werden, bis zur Einstellung 1992 wurden daraus allerdings 1315 Exemplare. Doch schon bei der Präsentation übertrafen die Vorbestellungen die Erwartungen bei weitem und die produzierten Stück mussten nur noch zugeteilt werden. Eine Ferrari-Lotterie quasi.

Talfahrt des F40

Doch so hoch die Gipfel, so tief die Täler und kurz nach der Jahrtausendwende waren die Fahrzeuge für etwa 250.000 Euro zu haben. Auch wenn sich die Preise mittlerweile wieder erholt haben. Von der Hysterie profitierte, wer sich einen Ferrari F50 zulegte. Der war, im Schatten des 1980er-Jahre-Posterboys, lange Zeit unterbewertet, was sich mittlerweile freilich geändert hat.

Auch im Motorsport kam der F40 noch zu Ehren. Charles Pozzi, ein Ferrari-Importeur aus Frankreich, setzte zwei F40 LM in den USA ein. In den Jahren 1989 und 1990 holte er damit zwei dritte Plätze. In der italienischen GT-Meisterschaft in den Jahren 1992 und 1993 gingen die Siege – mangels Konkurrenz – fast ausnahmslos an den F40. (fpi)