Ferrari Testarossa: Häuptling roter Kopf

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Was den Namen anging, war nach diesem Erfolg erst einmal zwei Jahrzehnte lang Pause, bis es zu den eingangs erwähnten Absatzproblemen kam. Enzo Ferrari blieb Anfang der 1980er-Jahre nichts anderes übrig, als Pininfarina, dem damals schon legendären Designstudio, den Auftrag zu erteilen, eine Revolution zu starten. Es musste etwas Bahnbrechendes, Neues und Richtungsweisendes her. Kostensparend, wenn möglich.

Vorhang auf für die Testarossa-Revue

Das Ergebnis präsentierte Ferrari am Vorabend zum Autosalon in Paris 1984. Nicht etwa irgendwo, sondern im Lido. Ein illustres Revuetheater an der Avenue des Champs-Élysées, das nach dem Zweiten Weltkrieg der Belustigung von Soldaten diente und 1946 mit der Show „Sans rimes ni raison“ („Ohne Sinn und Verstand“) neu eröffnet wurde. 1984 war es die Location, in der jede Showgröße einmal aufgetreten sein musste, um etwas zu gelten.

So wie der Ferrari Testarossa. Der basiert technisch auf seinem Vorgänger, dem Ferrari 512 BB – weswegen große Innovationen ausblieben. Aber ein paar Änderungen, die massive Auswirkungen auf das Fahrzeug hatten, gab es eben doch. Während der 512 BB einen Kühler im Frontbereich hatte, bekam der Testarossa zwei Wasserkühler ins Heck gesteckt, die seitlich neben dem Mittelmotor (zwischen Fahrersitz und Hinterachse) liegen.

Diese Kühler machten es zum einen nötig, dass der Testarossa ein extrem breites Heck bekam. Zwar sind die hinteren Räder nur 12 Millimeter weiter auseinander als beim 512 BB, die Gesamtbreite erhöht sich aber um 105 Millimeter. Zum anderen brauchen die Wasserkühler seitliche Lufteinlässe um überhaupt die nötige Kühlleistung zu erzielen. So bekamen Ferrari-Fans ein Fahrzeug mit der Optik eines Keils und einem völlig unnötigen Kühlergrill an der Front, den es lediglich gibt, weil sich Pininfarina dazu optisch verpflichtet fühlte.

Wo die Kunden Hand anlegten

Nicht verpflichtet fühlte sich Pininfarina zu einem zweiten Außenspiegel. Davon gab es nur einen an der Fahrerseite der A-Säule. Weil die meisten Kunden einfach einen zweiten Außenspiegel nachrüsten ließen, wurde 1987 (auf dem Autosalon in Genf) ein überarbeiteter Testarossa mit zwei Außenspiegeln präsentiert.

Was Kunden ebenfalls oft nachrüsteten, war eine Abgasanlage, die dem Fahrzeug einen etwas martialischeren Sound bescherte. Der 12-Zylinder war ein 12-Zylinder, aber eben einer der akustisch zurückhaltenden, im Vergleich zu seinen Kollegen. Dabei hatte sich Ferrari alle Mühe gegeben, den Testarossa zu brutalisieren.

Der Motor wurde grundlegend aus dem 512 BB übernommen – also das Konzept eines 180-Grad-V-Motors. Ein Flachmotor, kein Boxermotor. Allerdings wurde die Leistung von 360 auf 390 PS gesteigert. Entsprechend stiegen die Fahrleistungen. Auf Tempo 100 ist der Testarossa nach 5,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird mit 290 km/h angegeben. Zumindest am Abend der Präsentation war es „das stärkste Triebwerk, das jemals in einem Seriensportwagen montiert wurde“, wie Ferrari betont.

Erfolgsgeschichte des Schauspielers

Weil der Wagen ein Problem mit der Gewichtsverteilung hatte – 60 Prozent lagen auf der Hinterachse – waren außerdem ein paar Modifikationen am Fahrwerk nötig. So gibt es an der Hinterachse pro Rad zwei Federbeine. Der Rest ist zwar State-of-the-Art, aber alles in allem doch eher bewährt. Vorne hängen die Räder an doppelten Dreiecksquerlenkern, hinten an doppelten Querlenkern, jeweils einer davon in Trapezform. Auffällig und smart ist lediglich ein Hilfsrahmen über Motor und Getriebe, der den Zugang zu diesen Teilen erleichtert.