Bye, bye American Dream

Flucht der US-Motorradhersteller ins Ausland

Die amerikanische Motorradindustrie steckt in einer ernsten Krise. Nicht nur Harley-Davidson, sondern auch Indian Motorcycle trifft Donald Trumps Handelskrieg mit voller Wucht. Es könnte der Anfang vom Ende der Motorradproduktion in den USA sein, aber eine Chance für die beiden Marken auf dem Weltmarkt

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US-Motorradbau will auswandern 10 Bilder
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  • iga
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Die amerikanische Motorradindustrie steckt in einer sehr ernst zu nehmenden Krise. Donald Trump hat geglaubt, mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium aus der EU die eigene Wirtschaft wieder ankurbeln zu können, doch das Gegenteil ist der Fall. Er hat möglicherweise übersehen, dass er mit seinen Maßnahmen vielleicht den Stahlproduzenten in seiner Heimat hilft, aber nicht der stahlverarbeitenden Industrie, zu der auch die Motorradhersteller gehören, die von den günstigen Stahlpreisen bisher profitiert haben. Nicht nur Harley-Davidson, sondern auch Indian Motorcycle trifft Trumps Handelskrieg mit voller Wucht. Es könnte zwar der Anfang vom Ende der Motorradproduktion in den USA sein, aber eine neue Chance für die beiden Motorradmarken auf dem Weltmarkt.

Schon die von Trump veranlasste Verteuerung der Stahlimporte aus dem Ausland um 25 Prozent war für amerikanische Auto- und Motorradindustrie ein Schock, denn die billigeren Stähle aus der EU und China hielten auch die Stückpreise der Modelle niedrig. Doch die EU hat nun ihre Gegenmaßnahmen wahr gemacht und 25 Prozent zusätzlich auf die bisherigen sechs Prozent Zoll für US-Motorräder aufgeschlagen, insgesamt also auf 31 Prozent erhöht. So bleiben Harley-Davidson und Indian Motorcycle gar keine andere Wahl, als einen Teil der Produktion, die auf dem US-Markt verkauft werden soll, ins Ausland zu verlagern, denn es geht schlichtweg um ihr Überleben.

Harley-Davidson im Sinkflug

Den Schritt wird sich die Geschäftsführung von Harley-Davidson sehr gründlich überlegt haben, CEO Matt Levatich ist sich bewusst, dass der Slogan „Made in USA“ einer der wichtigsten Kaufargumente für seine Landsleute ist. Wenn die Harleys, die bei den US-Händlern im Schaufenster stehen, im Ausland produziert werden, kommt das auf dem Heimatmarkt gar nicht gut an, denn Patriotismus ist in den USA oberstes Gebot. Doch Harley-Davidson ist nach gründlicher Kalkulation zu dem Schluss gekommen, dass sie eine Firmenpleite nur verhindern, wenn sie außerhalb der USA produzieren – da ziehen sie es sogar vor, den Zorn ihrer Fans auf dem Heimatmarkt zu ertragen.

Nur Europa wächst noch

Die US-Kultmarke kämpft seit Jahren mit sinkenden Absatzzahlen in Amerika und hat auch für dieses Jahr schon wieder eine geringere Verkaufsprognose bekannt gegeben. In der Firmenzentrale in Milwaukee rechnet man für 2018 mit 231.000 bis 236.000 verkauften Einheiten weltweit, im Rekordjahr 2006 waren es noch 370.000 Stück. Das Europageschäft (dazu zählen auch Nordafrika und der Nahe Osten) kann hingegen sogar steigende Verkaufszahlen vorweisen, letztes Jahr wurden rund 40.000 Stück in Europa verkauft, das waren gut 16 Prozent der Gesamtproduktion. Deshalb muss Harley-Davidson unbedingt auf dem europäischen Markt weiterhin erfolgreich sein und hat angekündigt, die Preise für ihre Motorräder in der EU nicht anzuheben.

Da zahlt die US-Marke lieber selber die jährlichen zusätzlichen Zölle in Höhe von geschätzten 90 bis 100 Millionen Dollar und hält dafür die Kunden in der EU bei der Stange. Das wird die Finanzen des Motorradherstellers zwar schwer belasten und doch ist es der einzige Weg zu überleben. In neun bis 18 Monaten soll dann ein großer Teil der Produktion in die Werke nach Indien, Brasilien und Thailand verlagert werden, wieviele Motorräder noch im US-Werk York/Pennsylvania zusammengebaut werden bleibt offen.