Flucht der US-Motorradhersteller ins Ausland

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Ein Schritt, der aus wirtschaftlicher Sicht längst überfällig ist, doch das widerspricht natürlich der „America first“-Politik von Donald Trump, der schon zu seiner Amtseinführung dem Autohersteller Ford mit Strafmaßnahmen gedroht hatte, sollte dieser eine geplante Fabrik in Mexiko eröffnen.

Probleme hausgemacht

Die Absatzprobleme auf dem US-Motorradmarkt sind hausgemacht, vor allem eine verfehlte Modellpolitik und die Überalterung der Harley-Davidson-Kunden lassen die Verkäufe einbrechen. Die Marke hat es versäumt, sich um den Nachwuchs zu kümmern. Für junge Motorradfahrer stehen beim Harley-Davidson-Händler keine attraktiven und bezahlbaren Modelle bereit. Stattdessen entwickelte Harley-Davidson ein lautloses Elektromotorrad, dabei gehört der Motorensound für die Kunden zwingend zu ihrem Kultmotorrad (Harley-Davidson hat sich sogar seinen V2-Sound als Warenzeichen schützen lassen). Die E-Harley mag zukünftig für den chinesischen Markt – wo Motorräder mit Verbrennungsmotor schon aus vielen Städten verbannt wurden – interessant sein, die amerikanischen Biker lehnen jedoch eine elektrische Harley-Davidson kategorisch ab.

Mit dem Rücken zur Wand

Harley-Davidson stand schon letztes Jahr mit dem Rücken zur Wand, der Nettogewinn im letzten Quartal 2017 betrug ganze 8,2 Millionen Dollar (2006 betrug der Gewinn im vierten Quartal 252,4 Millionen Dollar), was die Firmenzentrale veranlasste, zwei Baureihen einzustellen und das Werk in Kansas City zu schließen. Jetzt hat Donald Trump mit seinem Handelskrieg dem Motorradbauer endgültig den Boden unter den Füßen weggezogen.

Der US-Präsident prangert nun Harley-Davidson für die von ihm verursachte Zwangslage an und droht, deren Motorräder bei der Einfuhr in die USA mit drastischen Zöllen zu belegen: „Sie werden besteuert wie nie zuvor!“ Wenn er auf Twitter schreibt: „Eine Harley sollte niemals in einem anderen Land gebaut werden“, zeugt das von seiner Ahnungslosigkeit. Harley-Davidson hat bereits etliche Produktionsanlagen im Ausland, in Indien etwa fertigt die Marke seit 2011 acht verschiedene Modelle für den europäischen und asiatischen Markt. Das im Bau befindliche Werk in Thailand war bereits unter Trumps Vorgänger Obama beschlossene Sache, weil Harley-Davidson damals bereits wusste, dass sie nur durch die günstigere Produktion im Ausland auf Dauer überlebensfähig sind.

Tatsächlich könnten die beiden Werke in Indien und Thailand die Rettung für den amerikanischen Motorradhersteller sein, denn beides sind aufstrebend Schwellenländer deren wohlhabende Mittelschichten kontinuierlich wachsen und sich zunehmend für große Motorräder interessieren. Indien mit seinen 1,35 Milliarden Einwohnern ist inzwischen der größte Motorradmarkt der Welt, 2017 wurden 17,6 Millionen Motorräder auf dem Subkontinent produziert.

Indian produziert wohl bald in Polen

Ähnlich ergeht es auch dem anderen großen Namen im US-Motorradbau: Indian Motorcycle. Die Marke mit dem Indianerkopf auf dem Tank überlegt intensiv, einen Teil seiner Produktion nach Polen auszulagern. Der zum Polaris-Konzern gehörende Motorradhersteller hat sich in den letzten Jahren auch in Europa wieder etablieren können und zur Zeit zwei Baureihen mit diversen Modellen im Programm. Noch sind die Verkaufszahlen in Europa eher bescheiden, in Deutschland wurden letztes Jahr weniger als tausend Indians neu zugelassen, aber der Umsatz wuchs beständig, vor allem dank der Scout mit ihrem modernen, wassergekühlten 1200er-V2-Motor.