Geladene vs getankte Kilowattstunden

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Auf der Autobahn indes freut sich der Verbrennerfahrer immer wieder, wenn der stolze Tesla S, der ihn eben noch mit seiner mörderischen Beschleunigung geschockt hat, wieder rechts einfädelt, weil sein Fahrer gerade einen Blick auf die Ladestandsanzeige geworfen hat: Je schneller es voran geht, desto mehr Energie muss gegen Luft- und Rollwiderstand aufgebracht werden – und Rekuperation findet bei konstanter, zügiger Fahrt nicht statt.

Brettern kostet Energie – immer!

Da ist der Verbrennerfahrer allerdings gar nicht besser dran. Wer ordentlich aufs Pedal tritt, verbraucht mehr, egal mit welchem Antrieb. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass die Motoren von Luxus-Limousinen oder großen SUVs, die mit 250 km/h Topspeed in der Preisliste stehen, typischerweise 200 kW (270 PS) und aufwärts leisten.

Wie viel Energie zum Erreichen und wie viel zum Halten der Höchstgeschwindigkeit benötigt werden, lass ich mal dahingestellt. Für eine einfache Rechnung sei hier angenommen, man müsse tatsächlich 270 Pferdchen für dauerhafte 250 km/h galoppieren lassen. Dann verbläst man also 200 kW und saugt damit selbst einen üppigen 100-kWh-Akku der Oberklasse in 30 Minuten leer – wobei man 125 km weit kommt.

Ein vergleichbarer Benziner ist da im Grundsatz auch nicht besser dran, wie obiges Beispiel zeigt, denn sein 40-Liter-Tank birgt ja auch nur 100 kWh nutzbare Energie. Während es bei PS-starken Verbrenner-Fahrzeugen aber ein Leichtes ist, einen doppelt großen Tank einzubauen, wäre derzeit ein 200-kWh-Akku eher etwas für Busse: Der 100-kWh-Akku eines Tesla S etwa wiegt schon 750 kg – den verdoppelt man nicht "mal eben" auf 1500 kg. Nebenbei bemerkt: Der Benziner würde bei Vollast Wirkungsgrad verlieren, weil dabei Benzin auch noch zum Kühlen in den Zylindern (Anfetten) benutzt wird. Es ist also fraglich, ob er mit seinen 80 Litern im Tank tatsächlich doppelt so weit kommt wie ein vergleichbares E-Mobil.

Schlechter Start

Elektro-Autos sind noch längst kein Massenphänomen. Sie sind teuer, die heute immer noch nötige Suche nach Ladestationen ist nicht jedermanns Sache und die lange Ladezeit (verglichen mit Tanken) passt einfach nicht zu jedem Nutzungsprofil.

Die E-Mobilität hatte zusätzlich einen schlechten Start, weil zu Beginn durchaus einiger Murks in die Läden kam. Speziell die ersten E-Golfs (noch mit 24-kWh-Akku) haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Mein Kollege Axel Kossel von c't war geradezu erschüttert: Das war der erste Testwagen, der auf einem Transporter statt auf den eigenen vier Rädern bei der Redaktion vorfuhr.

Der Kollege wollte dann abends damit die 32 km lange Heimfahrt antreten – kein Problem bei 160 km angezeigter Reichweite. Die fiel aber nach nur 2 km Stadtfahrt bereits um 25 km. Sowas verunsichert ungemein, aber die Prognose beruht halt auf dem Momentanverbrauch. Sind "Heizung an" und "Bleifuß" zum Testen des Drehmoments die ersten Aktionen, dann passiert eben genau das. Der Kollege gelangte denn auch problemlos heim und zurück.

An der mittlerweile deutlich gestiegenen Akzeptanz für E-Mobile gebührt vor allem Elon Musk mit Tesla Respekt für ein großes Verdienst: „Mal eben“ LiIon-Akkus für Notebooks in ein sexy Auto zu packen und damit eine neue Reichweiten-Dimension aufzutun, hat die etablierten Hersteller seinerzeit echt geschockt. Aus gutem Grund: Erinnert sich noch jemand an explodierende LiIon-Akkus in HP-Notebooks? Oder Samsungs Fiasko mit den Akkus im Galaxy Note 7?