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Um der Urahnin etwas näher zu kommen, haben die Ingenieure zu einem Trick gegriffen. Die Einlassventile der äußeren Zylinder arbeiten mit anderen Steuerzeiten als die inneren. Das ergibt den leicht rauen, heiseren Motorsound von damals. Honda betont, dass es bei der neuen CB1100 nicht um Höchstleistung, sondern um das Fahrerlebnis geht. Daher beließ man es bei 90 PS, die allerdings schon bei 7500/min anliegen. Viel wichtiger war das Drehmoment und davon bietet die CB satte 93 Nm bei lässigen 5000 Touren.

Bequem, handlich, aber unaufgeregt

Die niedrige Sitzbank von gerade mal 795 mm Höhe macht es auch Kurzgewachsenen einfach, im Stand den Bodenkontakt zu halten. Breiter Lenker, aufrechter Oberkörper, die Knie im entspannten Winkel – die optimale Cruising-Position. Der Reihenvierzylinder ist auf den ersten Knopfdruck da. Sonor säuselt er im stabilen Leerlauf, die Vergaser von früher vermisst keiner. Die Lautstärke ist um etliche Dezibel gesunken, sauberer ist die 1100er dank des geregelten Kats sowieso.

Der erste Gang rastet bei leichter Berührung des Schalthebels ein, butterweich rückt die sogar von zarter Frauenhand ohne Kraftaufwand bedienbare, hydraulisch betätigte Kupplung ein und die 248 Kilogramm setzen sich sanft in Bewegung. Ganz unaufgeregt, aber mit nachdrücklich Schub.

Motor mit Schubkraft

Die 1100er verfügt über einen bulligen Antritt. Der Drehzahlmesser steht bei verhaltenen 2500 Touren. Das Gas bis zum Anschlag aufgerissen zieht der Vierzylinder ohne Gedenkpause Ross und Reiter wie vom Gummiband gezogen Richtung Horizont. Den Motor auszuquetschen bis Drehzahlbegrenzer entspricht nicht dem Stil der Honda. Als klassischer Herrenreiter nutzt man auf der CB1100 die Drehmomentwoge zwischen 3000 und 5000 Touren, um über die Landstraßen zu gleiten. Vibrationen? Ja, sind vorhanden, aber nicht wirklich störend, eigentlich erwartet man die bei einem Bike mit Oldie-Optik irgendwie.

Schon die ersten Kurven offenbaren Erstaunliches: So mächtig die CB optisch wirkt, so leicht lässt sie sich durch das Winkelwerk dirigieren. Das dürfte vor allem den relativ schmalen Reifen auf den Felgen im klassischen 18-Zoll-Format zu verdanken sein. Vorne 110, hinten nur 140 mm breit, lassen die Pneus die Honda wie von selbst in Schräglage kippen. Wenn man mal die Linie verpeilt hat: Kein Problem! Eine kurze Korrektur am verchromten Lenker und die Richtung stimmt wieder. Eine gelungene Grundabstimmung der beiden hinteren Federbeine, die sich nur in der Vorspannung einstellen lassen, bringt Ruhe auf die Hinterhand. Sie sind der Beweis, dass ein serienmäßig gut abgestimmtes Fahrwerk keine aufwendigen Einstellungen für Zug- und Druckstufe benötigt. Vor allem kann der Besitzer aber auch das Fahrverhalten nicht mit falscher Abstimmung verschlimmbessern.

Schwachpunkt Gabel

Das Combined-ABS hat die Fuhre nicht ganz so gut im Griff wie man es sonst von Honda gewohnt ist. Das liegt hauptsächlich an der nur mäßig gut funktionierenden Gabel. Bei ganz harten Bremsmanövern geht sie auf Block und das ABS regelt auf der letzten Rille. Entsprechend unangenehm fallen die Bremswege und die Schweißausbrüche beim Fahrer aus. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf, wenn auch bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei ihrem fahrwerkstechnisch fast schon berüchtigten Vorbild von 1969.