BMWs Bedienkonzept mit iDrive, iPhone-Einbindung und Head-up-Display

HuD up! iPhone im iDrive

BMW will auch bei der Bedienung ganz vorne sein und bietet außer dem feinen iDrive das beste Head-up-Display am Markt. Mit ihrer iPhone-Integration laufen die Entwickler jedoch bisweilen gegen Wände

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  • cgl
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Stuttgart, 7. August 2012 – „Wir wollen dem Kunden etwas bieten“, sagt BMW auf die Frage, warum mich das iDrive mit Angeboten und Funktionen überschüttet wie ein aufbrechender Staudamm. Eigentlich hatte ich in der Planung der Bedienkonzept-Interviews BMW ans Ende gestellt und Opel ganz nach vorne, damit die Enttäuschung nicht ganz so krass ausfällt, doch BMW war diesmal schneller: „Bedienung? Ja! Da sind wir die Besten. Wir stellen zwei Autos und drei Techniker bei uns vor den Vierzylinder und Sie kommen vorbei. Übermorgen.“ Das Selbstbewusstsein der Münchner ist also auch in diesem Bereich so bayrisch wie überall, und in der Tat hat sich iDrive zum Benchmark entwickelt, an dem die Branche die Güte eines Infotainment-Bediensystems misst.

I drive. You shut up.

iDrive ist ein hierarchisches Menüsystem, wie wir es seit den Urzeiten der Computertechnik kennen. Es hat sich bewährt in unzähligen Software-Lösungen, in Dateisystemen (Ordnerhierarchie) und in mobilen Geräten. Es wird bedient durch den sogenannten „Drehdrücksteller“, den ich hier umgangssprachlich einfach „Knubbel“ nennen möchte. Den Knubbel kann man drehen, um in Listen zu scrollen oder numerische Parameter einzustellen („mehr Display-Hintergrundbeleuchtung“), und man kann ihn wie ein Steuerkreuz drücken, etwa um Karten zu verschieben oder zwischen den Zeilen der Bildschirmtastatur zu springen. Ein Druck auf den Knubbel heißt „ja/okay/bestätigen“, ein „nein/nichtokay/zurück“ ist als Knopf unten am Knubbel zu finden („Back“), genau wie ein Kontextknopf („Options“). Über dem Knubbel sitzen die Schnellwahltasten für Radio, Navi und Co. Die Rastpunkte des Knubbel liefern ein haptisches Feedback an die Fahrerhand, damit er dort unten nicht hingucken muss. Der Bildschirm ist hoch oben angebracht, damit die Straße beim Draufgucken zumindest noch im peripheren Blickfeld bleibt.

Es gibt in der BMW-Gruppe einige Varianten des Knubbelsystems, die wohl bekannteste davon im Mini. Dort ist der Knubbel billiger als Plastikchromböbbel hinter der Gangschaltung ausgeführt. Unerwartet gut funktioniert die Variante für BMWs Tourenmotorräder. Dort steuert ein dreh- und kippbarer Ring am linken Lenkergriff die Menüfunktionen, die Schnellwahlknöpfe sind dort Daumentaster. Somit kann der Fahrer den kompletten Menübaum durchwandern, ohne die Hände vom Lenker zu nehmen. Dieses System ist während der Fahrt meiner Meinung nach eine ganze Spur besser zu bedienen als die Knubbel-iDrives und stellt damit die Frage, ob man das iDrive im Auto nicht gleich komplett ans Lenkrad legen könnte. Keine Variante, sondern eine 2012er Neuerung ist das „iDrive Touch“, bei dem man mit dem Finger auf den Knubbel Buchstaben schreiben oder gestikulieren kann. BMW hat dieses System in China bereits eingeführt, weil Kunden beim Kanji-Zeichen-schreiben am meisten davon haben; im Rest der Welt folgt es nächstes Jahr. Ich werde ein solches System später im Zusammenhang mit Audis Bedienkonzept vorstellen, denn die hatten sowas zuerst und verkaufen es bereits auch in Deutschland (im A3).

Closing the floodgates

Es ist sehr einfach, sehr viele Optionen anzubieten, wenn ein Grundgerüst wie das iDrive bereits vorhanden ist. Genau das war dann eine lange Zeit auch die berechtigte Kritik vieler Nutzer: Muss ich wirklich sekundengenau einstellen können, wie lange das Standlicht mir am Gartentor noch nachleuchtet, wenn ich den Wagen abstelle? Reichen nicht auch weniger Optionen, gröbere Schritte? Computerhasser ließen Kinder mit ausreichendem Geek-Level das Fahrzeug-Setup erledigen oder beließen es gleich bei den Werkseinstellungen. Es war wie einer dieser gut meinenden Gastgeber, die einen mit „Willst du zehn Salzkörner oder elf?“ nerven, und deshalb hat BMW hier in den letzten Jahren viel nachgehobelt. Es gibt an vielen Stellen weniger Auswahl, die verminderte Auswahl ist über mehr Baumäste zugänglich, und es gibt viele andere Stellen gar nicht mehr. Die Zeiten von „Ja, Eidreiw, ich will tatsächlich die vollen 507 PS aus meinem V10, für die ich bezahlt habe, danke“ sind glücklicherweise vorbei. Zudem haben die Münchner mittlerweile sehr gute Grundeinstellungen gefunden, die iDrive-uninteressierte Neukäufer wie gehabt so lassen können, mit denen sie allerdings zufriedener sein können. Zusätzlich sind die nummerierten Schnellwahltasten an der Mittelkonsole frei belegbar (leicht berühren verrät ihre aktuelle Funktion) – eine Tätigkeit, die ja durchaus ein findiger Händler als Dienstleistung anbieten kann.