Jubiläum am Nürburgring : 40 Jahre BMW M

I M 40

Seit 40 Jahren gibt es mittlerweile die Motorsport-Sparte der Münchner. Auf der Nordschleife wurde nun der runde Geburtstag gefeiert und zahlreiche alte Modelle wurden aus den Garagen geholt. Wir waren dabei

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Nürburgring, 15. November 2011 – Hoch die Maßkrüge! BMW feiert 40 Jahre BMW M, 40 Jahre BMW Motorsport GmbH, 40 Jahre seit der Entscheidung, das mit dem schnell fahren jetzt mal generalstabsmäßig unter einen Hut zu bringen.

"Wie klein das damals war"

Heute ist es selbstverständlich geworden, dass es viele Generationen von M5 und M3 zur Auswahl gibt. Es ist selbstverständlich, dass dieses kleine Tricolore-M für "Mmmotorsport"(-Ambitionen) steht, für "mmmehr" an allen Dingen, die schnell machen könnten. Doch vor über 40 Jahren sah das noch anders aus. BMW stand damals mit seiner "Neuen Klasse" gut da: nach heutigen Maßstäben kleine Limousinen und Coupés zu erreichbaren Preisen für Fahrer, die nicht nur von A nach B, sondern auch das Fahren dazwischen genießen wollten. Und weil das Fahrverhalten so eine A-Priorität war, eignete sich die Neue Klasse vorzüglich für den Rennsporteinsatz. Den jedoch überließ BMW größtenteils Anderen -- nicht, weil die Bayern das unbedingt so wollten, sondern weil die Ressourcen so gering waren. "Man kann sich das heute kaum noch vorstellen, wie klein das damals war", erinnert sich BMWs Motorenpapst Paul Rosche. Deshalb stammten die Rennwagen meistens vom Tuner, die damit entweder selber in die Startaufstellung gingen oder sie an andere Teams verkauften.

Die Ford Capris waren zu frech geworden

Doch der Anfang der Siebziger war eine Zeit der Umbrüche bei BMW. Eberhard von Kuenheim kam ans Ruder. Eine neue Fahrzeuggeneration stand an. Das hängende Hochhaus (der "Vierzylinder") wurde bezogen. Und der Motorsport wurde jetzt mit seinem vollen Potenzial aufgebaut. "Auf einmal gab es 1972 ein Budget!", lacht Rosche. Die "BMW Motorsport GmbH" wurde gegründet, kurz die "M GmbH" genannt. Dem zunächst 35 Mann starken Team stand Jochen Neerpasch vor, den sich die GmbH von Ford geschnappt hatte. Der sollte jetzt helfen, auf der Rennstrecke die frech gewordenen Ford Capris zu schlagen. Der langfristige Plan sah vor, einen Mittelmotorsupersportwagen nach italienischem Vorbild für den Motorsport zu konstruieren. Ein Flügeltürenprototyp stand bald da ("BMW Turbo"), die Fertigung sollte Lamborghini übernehmen, was zu einer der wildesten Revolvergeschichten der Fahrzeugfertigung führte, die schließlich in einer Kleinserienfertigung des BMW M1 mündete.

Batmobil mit 360 PS

Natürlich wartete niemand auf den M1. Nein, das Team begann umgehend, zwischenzeitlich BMW-Serienautos für Rennsporteinsätze umzukrempeln. Immerhin waren solche Konstruktionen ja schon jetzt siegfähig, wie die Tuner bewiesen. Gleich das erste Ergebnis dieser Bemühungen spricht bis heute vom Enthusiasmus dieser Zeit: der 3.0 CSL. 1092 kg zu 360 PS. Und schnittig: Das zusammen mit Alpina konstruierte Modell fuhr irgendwann derart viel luftleitende Aerodynamik spazieren, dass es den Spitznamen "Batmobil" erhielt. Natürlich gab es keine Straßenzulassung für die Heckflosse im Buckelwalformat, deshalb lieferte BMW diesen Flügel bei den zur Homologation nötigen Straßenmodellen im Kofferraum mit. Es war einfach so eine Zeit. Der damalige Werksfahrer Hans-Joachim Stuck erzählt gern die Anekdote, wie er an einer Tankstelle gefragt wurde, ob die Walfischflosse seines Dienst-CSL eine neue Form von Skiträger sei. Denn natürlich ließ er die nicht im Kofferraum oder daheim. Das hätte ihn ja langsamer gemacht.

Für ein größeres Publikum: M535i

Das Batmobil wurde zum wohl erfolgreichsten Tourenwagen der Siebziger, und das könnte der Grund sein, warum der problematische M1 einmalig blieb, aus der Großserie abgeleitete Sportwagen jedoch einen Trend anstießen, der bis heute anhält. Das mag schade für Scheichs und Rennfahrer sein, für uns, den Rest war das jedoch ein Glück, denn die resultierenden Autos waren nicht nur wunderbar zu fahren, sondern auch erreichbarer für Normalbürger als Supersportwagen. Der M1 fing bei damals grotesken 100.000 DM an und wurde von da an nur stetig teurer. Die Serienbasis-Ms fingen viel ziviler an. Das erste Beispiel ist gleich ein gutes Beispiel: Der BMW M535i war das erste M-Fahrzeug für ein größeres Publikum. "Spezialversion der Motorsport GmbH" stand auf dem Fahrzeugprospekt. Die Änderungen zum 535i ohne M waren überschaubar: aerodynamischer Bodykit inklusive zeitgenössischem Gummispoiler hinten, schicke Felgen, Dekors und ein richtig gutes Fahrwerk der Motorsport GmbH. Das waren alles Dinge, die Kunden sogar selbst später an ihren 535i nachrüsten konnten, was viele taten. Fahren wir diesen Beginn sportlicher Ableger doch mal.

Auch mal schön: lange Rundenzeiten

Dazu möchte ich zunächst sagen, dass ich kein Freund alter Fahrzeuge bin. Meistens denkt man nach einer Fahrt in so rostigem Geraffel "Gott! Gut, dass diese Zeiten vorbei sind!". Bei der Fahrt im zum 40-jährigen Geburtstag von BMWs Klassikkonservierern aufgefahrenen makellosen M535i dachte ich jedoch auf einmal "Gott! Ich muss unbedingt so einen alten BMW haben!". Der Wagen hat Handschaltung mit dem Schema, das die Engländer "dog-leg" nennen: Der auf der Strecke kaum benutzte erste Gang links unten, damit die viel benutzten Gänge zwei und drei direkt gegenüber liegen - höchst angenehm. Keine Ahnung, wieso sich das nicht generell für Handschalter durchgesetzt hat. Ansonsten gibt es als Innenausstattung ein Radio und zwei riesige Drehknöpfe für Heizung/Lüftung. Langt ja. Was nicht da ist, geht auch nicht kaputt. Wir rollten dann sehr gemütlich um eine nasskalt glitschige Nordschleife, aber in meiner heizgelüfteten Kabine mit Radio und Sechszylinderbrummen verbrachte ich die langen Rundenzeiten in genussvollem Glück. Kein Wunder kam das an: Ein Auto, das schnell kann, aber nicht muss.

Motorenmeilensteine

Dieses Rezept ist bis heute geblieben. Zum Beispiel die folgenden Vergleichsfahrten mit den aktuellen M-Modellen. Es hat sich im Vergleich zu früher einiges getan. ESP zum Beispiel, das gabs ja früher gar nicht, wie zwei Gäste feststellten, als sie zwei historische Fahrzeuge im Glitsch schrotteten. Traktionskontrolle. Satellitennavigation. Das ABS ist auch besser geworden. Auch auf das Head-up-Display mag niemand mehr verzichten, der es einmal kennengelernt hat. Viel neue Komplexität liegt jedoch direkt am Motor. In einer Box hatte die BMW M GmbH einige Motorenmeilensteine aufgebaut und ihren Ingenieur Roland Ast zum Erklären abgestellt: "Wenn man sich den ersten Vierventiler anschaut und dann hier rüberguckt zum aktuellen V8, erkennt man die enorm gewachsene Komplexität." In der Tat. Der Reihenvierer schaut aus allen Richtungen schlicht aus wie ein Motor. Der V8 (S63) mit seinem Geschläuch und Gekabel erinnert aus einigen Winkeln an eine biomechanische Plastik von H. R. Giger. "Wir wollen heute und in Zukunft noch starke Autos anbieten", erklärt Ast, "und das geht nur noch mit aufwendiger Regeltechnik."

Je kleiner, desto netter

Ohne Frage ist der M5 oder M6 mit diesem Motor ein schöner, großer Fahrerwagen. Genauso ohne Frage ist jedoch der M3 der bessere, weil kleinere Fahrerwagen. Er fährt seinem großen Bruder im dichten Geschlängel davon. Dabei wird er jedoch selber noch vom selten grandiosen 1er M Coupé abgehängt. Denn auch heute noch wird die Motorsport GmbH umso besser, je mehr sie sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Für den Endkunden heißt das Erreichbarkeit: Er wird vielleicht schon mit einem M Sportpaket recht glücklich, das außer Chromgekruschtel wie damals beim M 535i meist einen Bodykit und ein anderes Fahrwerk bedeutet. Diese Pakete, heute gern auch als Zuckerglobuli mit nur Chromgekruschtel genommen, verkaufen sich sehr gut. Weiteren 40 Jahren unter dem 13. Buchstaben des Alphabets sollte also ökonomisch nichts entgegenstehen, und vielleicht dauert es nicht ganz 40 Jahre, bis wieder so ein Glanzlicht wie dieser (ausverkaufte) 1er aus der GmbH kommt. Beim nächsten Mal werde ich den nicht verpassen, sondern sofort einen kaufen.