Gut vs. Besser

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Sie wurde so viel geschoben, dass die vordere Bremsscheibe schon die schlimmste Einbremsphase hinter sich hatte bei Ankunft: immer die Rampen rauf und runter. Ich hoffe ja, dass KTM sich die beste Rosine vom Band gepickt hat für diesen Vorführer, denn ich bin eins dieser Kinder gewesen, die bei kleinsten Fertigungsungenauigkeiten im Playmobil-Plastikkrokodil sehr traurig wurden.

Obwohl das jetzt mein zweites Neufahrzeug ist, stelle ich das Gegenteil einer Gewöhnung fest. Die erste habe ich noch im Sommerregen eingefahren, diesmal brachte ich es nicht übers Herz, bei Nässe auszurücken. Als KTM-Jens mir die R brachte, stand eine zweite aus dem Fuhrpark daneben, die er am Vortag durch den Schwarzwaldregen gefahren war. Ich rede mir ein, dass ich aus Faulheit handele, denn für Fotos muss der Dreck ja immer wieder weggeputzt werden. Aber in Wahrheit werde ich glaube ich ganz einfach komisch im Alter – wie diese Motorradfahrer, die beim ersten Regentropfen umdrehen, damit die Liebste nicht dreckig wird. Tatsächlich habe ich das sogar getan: Als ich die ersten gut 200 Kilometer Einfahrstrecke zur Kalten Sophie bei 6 bis 8 Grad im Schwarzwald sammelte, beobachtete ich die Wolkenfronten und kehrte tatsächlich um, als die Regentropfen dichter wurden als ein Nieseln. Vielleicht liegt es am Alter. Oder am Wert. So ein teures Spielzeug habe ich ja auch noch nie gekauft.

Wer braucht schon Fahrwerke?

Als ich 2012 die Standard-Duke kaufte, schrieb ich über ihre preiswerten Schaukelpferd-Dämpfer, dass Fahrwerke überbewertet seien. Anfänger brauchen keine tollen Fahrwerke, sondern bezahlbare, die einigermaßen funktionieren. Siehe auch all die anderen Motorräder in der Mädchenspaßklasse der 690 Duke. Gerade in dieser Klasse erstaunt es dann aber enorm, wie unterschiedlich sich schon ein kleines Fahrwerks-Update anfühlt. Sowohl bei Kawasakis ER-6 als auch bei BMWs F 800 R fuhr ich Feder-Dämpfer-Upgrades für jeweils um die 600 Euro, also keine goldenen, handgelutschten Rennsportteile.

Schon so eine überschaubare Investition bringt die Kompaktheit der klassentypischen Chassis in erstaunlicher Weise zur Geltung. Die Duke R bringt außer besseren Dämpfern mehr Federweg, mehr Bodenfreiheit (wegen Schräglagenfreiheit), und ergonomisch den schmaleren Lenker zusammen mit hohen Rasten. Man sitzt da oben wie ein Jockey auf einem Rennpferd, und ich möchte nach dem Einfahren auf die Rennstrecke, um mich daran zu erinnern, wie wir das damals nochmal fuhren auf dieser kleinen Strecke der Präsentation.