"Gut, gut ..."

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Der Kollege der MO, der die GSX-S als Dauertest-Pate betreut, bat mich um ein Fazit für die Dauertest-Rubrik dort (das Heft liegt gerade am Kiosk). Es lautete: "Suzuki hat sich damals in Deutschland beliebt und erfolgreich gemacht, indem sie gute Motorräder zu günstigen Preisen anboten. Der GSX-S fehlt vielleicht einfach der zweite Teil." Das schrieb ich da so rein in meinem altherrenlichen Leichtsinn, aber KANN Suzuki das mit den günstigen Preisen überhaupt noch? Es ist für einen japanischen Hersteller beim gegenwärtigen Yen-Kurs nicht einfach, ein Motorrad wie diese S als Preisbrecher zu bringen. Suzuki hat wahrscheinlich bereits getan, was sie konnten, auch bei den Kosten für Service, Treibstoff und Zubehörteile.

Schauen wir auf die derzeit bestverkaufte Suzi: Suzukis GSR 750 schafft ihren Preis von 8590 Euro, indem sie mit den Bremsen der SV 650 von 1999 und einem Fake-Schwingenüberzug aus Plastik antritt. Sie hat außerdem (winke, winke, mit dem Zaunpfahl) als eine der wenigen Suzukis ein Design, über das man streiten kann, gut, aber streiten ist besser als schulterzucken. Die GSR ist ein gutes Motorrad, aber zu einem Preis, der eigentlich gar nicht so günstig ist im Konkurrenzumfeld. Yamaha verkauft die FZ8 für 8250, und die hat eine schöne Alu-Bananenschwinge ganz ohne Fake, bissige Festsattelbremsen mit farbig eloxierten Stopfen und überhaupt das Finish, das Yamaha-Kunden bei jedem Aufsitzen erstmal zufrieden durchatmen lässt: Es war richtig, dieses tolle Aluding hier zu kaufen. Und Kawas Z 800 gibt es in der Einstiegsversion für unter 8000 Euro. Das ist ein Preiskampf, den Suzuki aktuell nicht gewinnen kann. Letztendlich führt wohl kein Weg daran vorbei, dass Suzuki sich gänzlich umorientieren muss oder in Europa irgendwann nur noch Autos verkauft.

Stille Werkstattgebete gen Hamamatsu

Suzuki muss eine eigene, möglichst unbesetzte Position in diesem Markt finden, der sich so stark verändert hat. Am besten eine, die mit vorhandenen Stärken zu erreichen wäre. Der Preis-Wert war früher eine. Der Mensch tendiert stets dazu, verlorene Posten mit Ressourcen zu bewerfen, aber es lohnt sich nie. Je schneller eine neue Position bezogen wird, umso günstiger. Eine Facette dieser neuen Position sollte auf jeden Fall "Schrauberfreundlichkeit" sein. Denn Andere werben mit ihrer Schrauberfreundlichkeit, zum Beispiel BMW bei ihrem Superbike damals, 2010. Aber wenn ich an wirklich schrauberfreundliche Sportmotorräder denke, sind das alles Suzukis. Wieso hat nur Suzuki Sitze, deren Schrauben seitlich auf der Verkleidung sitzen, wo man sie sofort findet, erreicht und sie nicht in die Innereien fallen bei der Demontage (hallo, Kawasaki!)? Wieso hat nur Suzuki ein Cockpit, das mit einer Schraube demontierbar ist für die Rennstrecke? Zack, noch die Stecker abziehen, auch für die Blinker, die man dann sofort abschrauben kann. Einen Gummidichtungs-Drehverschluss im Kupplungsdeckel zum Einstellen der Slipper-Kupplung? Und so weiter. Wer etwas an seinem Suzuki-Sportler tun muss, findet überall die freundliche Denkunterstützung eines Ingenieurs aus Hamamatsu: Wir haben daran gedacht, dass du hier ranmusst.

Diese edle Tugend findet sich an vielen der höherwertigen Suzukis. Warum ist denn die GSX-S so günstig in der Wartung? Weil der Werkstattarbeiter sich nicht die Fingernägel und Haare ausreißen muss, um an wartungswichtige Teile zu gelangen. Wenn sie dann noch endlich einen Designer für Motorräder statt Damenshampoopackungen einstellen und anfangen, ein Big Bike vom emotionalen Schlag einer BMW R nineT zu bauen, sehe ich das, was Suzuki gerade fehlt: eine Perspektive. Denn dann darf das auch die Preise kosten, die Suzuki dieser Tage für ihre Arbeit aufrufen muss. Die GSX-S 1000 kann man daher so zusammenfassen: Kaufen Sie das, wenn Sie, umzingelt von besseren Angeboten, ein gutes Motorrad suchen, weil keines der Konkurrenzmodelle ergonomisch passt. Ihr Schrauber wird es Ihnen danken. (cgl)