Klassiker: Mercedes 280 E Strich-Acht

Der dicke Strich

Der unverwüstliche W 114 / 115 ist heute eine Legende – jeder kennt ihn als Taxi. Das Topmodell dagegen war hierzulande schon damals vergleichsweise selten. Obwohl ein 280 E auch nach heutigen Maßstäben gut motorisiert ist, wird der dicke Strich daher auf dem Oldtimermarkt kaum angeboten

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Von
  • Stefan Grundhoff
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Schwarzwald, 11. Mai 2016 – Der unverwüstliche Mercedes W 114 / 115 ist heute eine Legende – jeder kennt ihn in RAL 1015 Hellelfenbein, einige auch noch in schwarz – als Taxi. Das Topmodell 280 E dagegen war hierzulande schon damals vergleichsweise selten. Eher in den USA als in Europa machten die leistungsstärkeren Versionen 250, 280 und 280 E von sich reden. Obwohl ein 280 E auch nach heutigen Maßstäben gut motorisiert ist, wird der dicke Strich daher auf dem Oldtimermarkt kaum angeboten.

Man muss kein Pädagoge sein, der sich mit zahllosen Taxi-Nachtschichten ebenso mühsam wie schlafarm sein Endlos-Studium finanzierte, um den Strich-Acht wie einen guten, alten Freund zu kennen. Die meisten hockten beinahe rund um die Uhr auf heruntergerockten Kilometerfressern in Elfenbeinlackierung, technisch nicht aus der Ruhe zu bringen und vergleichsweise kostengünstig zu reparieren. Beim Strich-Acht kommen viele bis heute ins Schwelgen, lassen ihre Studienzeit Revue passieren oder erinnern sich an Petting auf der Rückbank des Familienautos.

Fahrer- und Rücksitzerinnerungen

Die Mercedes Baureihe W 114 (Sechszylinder) und W 115 (Vier- und Fünfzylinder), von 1968 bis 1976 produziert, waren die ersten echten Volumenmodelle von Mercedes-Benz. Mit knapp zwei Millionen produzierten Fahrzeugen verkaufte Daimler so viele Strich-Achter wie vorher von allen Mercedes-Fahrzeugen zusammen. Der Strich-Acht mit der größten nachgewiesenen Laufleistung ist ein 240 D, der von 1976 bis 2004 unglaubliche 4,6 Millionen Kilometer zurücklegte und es damit ins Daimler-Museum schaffte.

Das Design des Strich-Acht ist unspektakulär, betont praktisch und bei weitem nicht so filigran wie die Luxusmodelle der Baureihen W 100, W 108, W 111 oder W 116. Die 4,68 Meter lange Limousine war ein zu seiner Zeit großzügig dimensioniertes Modell der Oberklasse mit Platz für fünf Personen, jede Menge Gepäck und einer zumeist schlappen Motorisierung. Egal ob die Droschken-Diesel mit Leistungen zwischen 55 und 65 PS oder die Ottomotorisierungen vom Typ 230.4, 230.6 oder 250, die bis zu 130 PS leisteten – Laune machten die nach heutigen Maßstäben völlig drehmomentfreien Motoren in keiner Variante.

Dass es auch anders geht, zeigt allein das Topmodell 280 E mit einer Benzineinspritzanlage von Bosch, die 136 kW / 185 PS aus der Limousine herausdrückte. Beinahe dynamisch wird es mit der handgeschalteten Version. Anders, als man es von den meisten Modellen der Baureihe kennt, befindet sich der Hebel der Viergangschaltung dann auf der Mittelkonsole zwischen Fahrer und Beifahrer. Die meisten Strich-Acht waren mit einer Getriebeautomatik unterwegs, deren Schaltstufen am Lenkrad eingelegt wurden.