Kommentar: Was bleibt von Volkswagenchef Müller?

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Wenn man Müller in der Abgas-Affäre etwas vorwerfen mag, dann ist es ein in diesem Bereich sehr zögerliches Vorgehen. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er natürlich weniger der öffentlichen Meinung als vielmehr dem Konzernergebnis verpflichtet ist. Doch was für ein Beben hätte es wohl ausgelöst, wenn er Ende 2015/Anfang 2016 verkündet hätte, dass alle Motoren im Konzern so schnell wie möglich auf Euro 6d oder zumindest Euro 6d-TEMP umgestellt werden? Es wäre fraglos ein teures Zeichen gewesen, aber auch ein sehr nachhaltiges. „Wir haben verstanden, was für einen Mist wir da gemacht haben.“

Die Realität des Jahres 2018: Fast alle Benziner werden auch bei Volkswagen momentan ohne Partikelfilter verkauft, bei den Dieselmotoren gibt es noch immer diverse Modelle, die nur die Euro 6b erfüllen. Wie die Konkurrenz wartet auch Volkswagen bis zum letztmöglichen Zeitpunkt, um die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen. Viele Kunden haben die verbindliche Euro-6c-Einführung im September 2018 nicht im Hinterkopf, was ihnen niemand verübeln sollte. Doch als Auslöser und Verursacher wäre Volkswagen in der Position gewesen, diesbezüglich in Vorleistung zu gehen und nicht nur danach zu schauen, ob es sich auszahlt.

Vielschichtiges Bild

Auch das wird Müllers Bild in der Öffentlichkeit möglicherweise nachhaltig prägen. Vorläufig, also ohne größere zeitliche Distanz, bleibt jedoch der Eindruck eines Mannes, der vielfach mehr Fingerspitzengefühl hätte haben müssen – was dem Konzern hinsichtlich der Absatzzahlen kaum geschadet hat. Intern hat er wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Damit sind die Fußstapfen, die er hinterlässt, eigentlich nicht kleiner als die seines Vorgängers. Sein Nachfolger Herbert Diess hat den Ruf eines knallharten Sanierers, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. Extern dürfte er sensibler auftreten, intern den von Müller begonnenen Umbau des Konzerns beherzt vorantreiben. Matthias Müller dagegen muss zwar den Machtverlust verkraften, doch finanziell wird er das überstehen. Wie die FAZ (Ausgabe vom 13. April 2018) berichtet, kann er mit einer Rente von rund 2900 Euro rechnen – pro Tag. (mfz)