Wie fährt sich BMWs High-Tech-Hoffnungsträger i3 im ganz normalen Alltagsbetrieb?

Made im Speckgürtel

Der BMW i3 ist unter den seltenen Elektroautos eine Ausnahmeerscheinung. Er versucht durch extrem aufwendigen Leichtbau mit Kohlefaser und Aluminium sein Gewicht trotz schwerer Akkus wenigstens in der Nähe von Kompaktautos zu halten. Was merkt man davon in der Praxis?

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Von
  • Florian Pillau
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Amsterdam (Niederlande), 10. Oktober 2013 – Amsterdam als Ort für die Fahrpräsentation eines Elektroautos? Wie schön. Lokal emissionsfreie Mobilität hat hier Tradition, für Nicht-Niederländer erstaunliche Mengen von "Fietsen" einspureln durch das Weichbild der Nordseemetropole. Klar, dass man sich hier mit einem Mindestmaß an Empathie für die Radler in einem Elektroauto noch ein bisschen mehr als Umweltpionier fühlen kann: Die Apotheken Umschau zitiert heute eine Studie, nach der in Europa angeblich jährlich rund 150.000 Menschen an der Feinstaubbelastung sterben. Wie dem auch sei, der i3 belastet die Bewohner Amsterdams jedenfalls unmittelbar nur noch mit Bremsen- und Reifenabrieb.

Einpedalfahren in der Stadt der Fietsen

Der i3 vermittelt durch die schmalen Reifen in 155/70R19 und das Hochformat seiner Karosserie keinen ausgesprochen dynamischen Eindruck. BMW nennt den i3 "Megacity Vehicle", das "viel Innenraum auf wenig Länge" bieten soll. Die Karosserieform – sehr hoch und sehr kurz – passt dazu. Dass dieses glatte Gegenbild der Benzin verbrennenden BMW-Modelle auch wirklich so gemeint ist, merkt man dem i3 spätestens an seiner hohen und aufrechten Sitzposition und der luftigen Einrichtung an. Dazu passt der für einen BMW auffallend geringe Seitenhalt während der Fahrt. Nicht mit dem entspannten Ambiente aus schlanken Sesseln, schwebendem Armaturenbrett und großen Bildschirmen harmonieren will allerdings das Fahrwerk. Statt die atmosphärische Gelassenheit höflich zu unterstützen, agiert es hölzern und ganz unnötig schlagen Stöße auf die Insassen durch. Immerhin hält sich das Wanken in Grenzen, was der i3 aber vielmehr seinem Alu-Carbon-Leichtbau und den im Fahrzeugboden montierten Akkus verdankt als einer Federung, die leider weder komfortabel noch fahrdynamisch ist.

125 kW und 250 Nm sind eine ganze Menge für knapp 1,3 Tonnen Auto, mit einem nur leise sirrenden Sprint von null auf 100 in 7,2 Sekunden ist man kaum langsamer als mit einem Golf GTI. Gute Beschleunigung zeichnet viele E-Autos aus. Während die meisten aber jenseits der Stadtgeschwindigkeit spürbar nachlassen, zieht der i3 auch weit darüber noch unbeirrt weiter. BMW nutzt einerseits im Motor des i3 das Phänomen der Reluktanz, zudem ist er generell kräftiger motorisiert als der Wettbewerb. Laut BMW wollte man ein Auto bauen, das auch für den Speckgürtel der Städte geeignet ist, und da fährt man schon mal ein paar Kilometer auf dem Autobahnring.