Nockenwellenreiter

Inhaltsverzeichnis

Doch waren damit ausgestattete Motoren bereits damals ziemliche Langweiler. „Ein selbsttätiges Saugventil kann nur bis zu einer gewissen Umlaufzahl des Motors richtig arbeiten, sobald diese überschritten wird, schliesst sich das Ventil zu spät, und ein Teil des eingesaugten Gemisches wird wieder hinausgestossen; man kann dies sehr deutlich fühlen, wenn man die Hand in der Nähe der Oeffnung hält, durch die der Motor die Verbrennungsluft einsaugt. Dieses Verhalten der selbsttätigen Saugventile, bringt aber nicht nur einen teueren Benzinverlust mit sich, sondern macht es auch unmöglich, die Umlaufzahl und mit ihr die Pferdestärkeleistung wesentlich zu steigern. Für Automobilmotore ist aber eine solche Steigerungsmöglichkeit sehr erwünscht“ (Ludwig von Löw, Steuerungen von Automobilmotoren, Polytechnisches Journal, 1904, Band 319, S. 516–518). Fixe Steuerzeiten waren für die geringe Spanne zwischen Leerlauf und Nenndrehzahl von um die 1000/min jedenfalls noch vollkommen ausreichend.

Die träge Luft hält nicht mit

Mehr Leistung aus dem gleichen Hubraum aber war nur über höhere Drehzahlen zu holen. Dabei stößt man allerdings bald an eine physikalische Grenze: Die Massenträgheit der angesaugten Luft und des ausgestoßenen Abgases bleibt gleich, während sich die Geschwindigkeit der Ansaug- und Auspufftakte erhöht. Das führt bei steigender Drehzahl dazu, dass trägheitsbedingt ein immer kleinerer Teil der Gassäule tatsächlich den Weg in den Zylinder oder aus ihm heraus findet als eigentlich möglich. Ein Leistungskiller, dem nur mit einer Manipulation der Steuerzeiten zu begegnen ist.

Zum Beispiel lässt man bei Motoren mit hoher spezifischer Leistung das Einlassventil länger offen. Das Gas kann aufgrund seiner Massenträgheit so noch dem Kolben entgegenströmen, obwohl sich der bereits auf seinem Weg nach oben befindet. Den Gewinn bringt aber nur die Massenträgheit des beschleunigten Gases bei höherer Drehzahl. Die Folge sind entsprechende Einbußen an Leistung und Effizienz durch Füllungsverluste bei niedrigen Touren. Brave Gebrauchsmotoren sind dagegen ein Kompromiss aus guter Fahrbarkeit und Spitzenleistung, weil ein hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl mit vergleichsweise niedriger Leistung bei hohen Touren einhergeht. Hier bringt ein früher Einlasschluss ein relativ hohes Drehmoment im unteren Drehzahlbereich, führt jedoch zu Füllungsverlusten bei höherer Drehzahl.

Tricks und Phasenverschiebung

Mit allerhand Tricks, beispielsweise Schaltsaugrohren oder Resonanzauspuffanlagen kann man die Energie der schwingenden Gassäulen nutzen, um in bestimmten Drehzahlbereichen einen gewissen Ladeeffekt zu erreichen, denn je höher die Drehzahl, desto energiereicher pulsieren die Gassäulen in Ansaug- und Auspuffrohr. Eine wirksamere Methode zur Anpassung von Leistung und Drehmoment an die jeweilige Drehzahl ist allerdings die Phasenverschiebung der Steuerzeiten während des Betriebs. Heraus kommen Motoren, die bereits bei niedriger Drehzahl gut durchziehen – mit steigender Leistung bis in hohe Drehzahlbereiche. Gleichzeitig sinkt der spezifische Verbrauch und die Rohemissionen (also das Abgas „vor“ dem Katalysator).