Inspiration aus den 50ern

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Seine Qualitäten spielt der D-Type noch bis 1960 aus, in den Jahren 1956 und 1957 gewinnt Jaguar erneut in Le Mans. Die aktuellen Le-Mans-Renner von Audi und Co. dürften Norman wohl wie Luxuskarossen vorkommen. Im Gegensatz zu ihnen konnte aber jedermann einen D-Type kaufen: 3663 Pfund kostete die Version mit Straßenzulassung, heute wären das rund 107.000 Euro. Aber der Einsatz hätte sich gelohnt, jedes der 87 Fahrzeuge erzielt inzwischen bis zu fünf Millionen Euro.

Der Einstieg ins Hockloch erfordert Gelenkigkeit

Wobei das nicht ganz richtig ist. Eine Ausführung ist noch viel mehr wert, nämlich der Werksprototyp mit dem Kennzeichen OVC 501. Genau dieser D-Type steht vor mir. Und ich soll ihn fahren. Nun gut, er hat bereits ein vollsynchronisiertes Viergang-Getriebe und Scheibenbremsen. Aber er ist mindestens zehn Millionen Euro wert, was meinen Ruhepuls nicht unbedingt senkt. Schließlich passt meine Brille nicht mehr unter den obligatorischen Helm. Aber mit starker Kurzsichtigkeit mal eben solch einen Schatz bewegen? Lieber nicht, weshalb ich mich auf den Beifahrersitz zwänge. Sagte ich Sitz? Hockloch trifft es schon besser. Schon der Einstieg erfordert Gelenkigkeit: Der 3,91 Meter lange Wagen ist nur 79 Zentimeter hoch. Gut so, denn eine Tür habe ich im Gegensatz zum Fahrer nicht. Also zunächst den rechten Fuß auf das Polster stellen, dann mit dem rechten Arm abstützen. Das aber bitte nur an einer ganz bestimmten Stelle, denn die Außenhaut ist verdammt dünn. Nun das linke Bein nachziehen (dabei möglichst nicht die Karosserie touchieren!) und irgendwie den restlichen Körper unterbringen. Sie finden, das klingt kompliziert? Der Ausstieg ist noch schlimmer.

So hocke ich also mit angezogenen Beinen in meinem Loch, als der 3,4-Liter-Sechszylinder mit gut 253 PS angelassen wird. Sagenhaft laut gibt die Maschine ihre Lebenszeichen von sich, während es mir sagenhaft warm wird. Kein Wunder, befindet sich doch genau unter meinem Hinterteil die Abgasanlage. Los geht der wilde Ritt mit OVC 501, Erstzulassung 1. April 1954. Überraschend flott kurvt der Wagen durch den aufgebauten Slalom, auf der Geraden geht die Post ab. Ab geschätzten 120 km/h muss ich mich anstrengen, den Kopf gerade zu halten. Selten war ich dankbarer über ein Visier. In rund sieben Sekunden erreicht der D aus dem Stand 100 km/h. Durch meinen Schädel wabert ein Orkan an Eindrücken: Einzigartige ungefilterte Mechanik aus einer Zeit, als Motorsport noch spannend und gefährlich war! Zyniker würden sagen, man bräuchte keinen Sarg mehr, schließlich sitzt man schon drin. Nach zwei Runden werde ich ausgestiegen (das dünne Blech!). Verschwitzt und mit zittrigen Händen.