Retro vom Feinsten: Fahrbericht von der Kawa Z 900 RS

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Das Ergebnis ist ein seidig laufender Motor, der butterweich ans Gas geht und sauber hochdreht. Dazu liefert er mächtig Druck vom Standgas weg. Selbst im sechsten Gang zieht der Vierzylinder von Tempo 50 mühelos durch. Ohne Frage einer der besten Motoren, die zurzeit auf dem Markt zu haben sind. Einziger Kritikpunkt ist das zu hohe Standgas von weit über 2000/min beim morgendlichen Kaltstart. Wer auf den ersten Metern die Kupplung zieht zum Hochschalten, wird mit Drehzahlen von fast 4000/min bestraft. Erst nach einem guten Kilometer beruhigt sich die nervöse Einspritzung wieder und zeigt den eigentlich tiefenentspannten Charakter des Vierzylinders.

Wie vom Gummiband gezogen

Auf kurvigen Landstraßen entfaltet der Motor seine ganze Herrlichkeit. Hohe Drehzahlen sind bei ihm überflüssig, meist bleiben die beiden oberen Gänge eingelegt und dennoch prescht die Kawasaki wie vom Gummiband gezogen locker aus der Kurve heraus. Nur in ganz engen Kehren muss bis in den dritten Gang runtergeschaltet werden. Die Z 900 RS kann herrlich schräg ums Eck pfeilen, nicht zuletzt dank griffiger Dunlop-GPR300-Pneus, vorne im 120er- und hinten im 180er-Format.

Um den anstürmenden Drehmomentwellen Herr zu werden, hat Kawasaki die Schlupfregelung KRTC verbaut. Sie kann in zwei Stufen aktiviert werden: einmal absolute Sicherheit, selbst im strömenden Regen, die nächste Stufe gewährt eine sportliche Fortbewegung, bei der die KRTC erst spät eingreift. Puristen können die Schlupfregelung auch ausschalten, müssen sich dann aber auf ein ausschwenkendes Heck gefasst machen. Beim flotten Runterschalten verhindert die Assist- und Rutschkupplung der Z 900 RS ein Stempeln des Hinterrads und gibt dem Fahrer ein beruhigendes Gefühl. Theoretisch bringt es die Kawasaki auf 230 km/h, allerdings drückt es einem jenseits von 150 km/h das Visier langsam, aber deutlich gegen die Nase und der Winddruck auf der Brust wird unangenehm.

Entspannte Sitzposition

Die Sitzposition darf als ergonomisch gelungen gelten. Der Fahrer sitzt betont aufrecht, wenn auch mit weit vorgestreckten Armen, denn der 17-Liter-Tank ist relativ lang geraten. Der breite Lenker macht das Einlenken denkbar einfach. Allerdings kommt die Z 900 RS nicht ganz an die famose Handlichkeit der Z 900 heran, denn das Retro-Bike steht vorne etwas höher und hinten tiefer. Dazu kommt der mit 1470 mm um 20 mm längere Radstand auf, da hilft auch ein um 6 mm auf 98 mm verkürzter Nachlauf nichts. Dennoch zeigt sich die Z 900 RS agil und kurvenwillig, nicht zuletzt dank des relativ geringen Leergewichts von 215 kg. Die selige Z1 brachte fast fünf Zentner auf die Waage.

Ein weiteres Sahnestück ist die voll einstellbare Upside-down-Vorderradgabel, die noch sensibler arbeitet als die in ihrem Schwestermodell. Noch ein Highlight schmückt das Vorderrad: Zwei radial montierten Bremssättel mit Vierkolbenzangen, die in Verbindung mit dem ebenfalls radialen Hauptbremszylinder sehr souverän zubeißen. Das glasklare Feedback bringt Sicherheit auch in kniffligen Situationen.