Rettet uns Fahrfreude vor dem Verkehrskollaps?

Inhaltsverzeichnis

Zürnt nicht, Auto-Pendler. Ihr könnt nichts dafür, dass schon vor Jahrzehnten die Weichen falsch gestellt wurden. Mittelfristig würdet Ihr profitieren. Spätestens, wenn die Politik auf das geänderte Verhalten fahrgenussfreudiger Menschen reagieren müsste, wäre sie gezwungen, den ÖP(N)V endlich im notwendigen Maße zu ertüchtigen und Wohnraum bezahlbar zu machen. Autobahnspuren könnten wir dann umbauen zu ökologisch wertvollen Trockenbiotopen. Das alles würde sicher ein paar Jahre bis Jahrzehnte dauern und Abermilliarden kosten. Es wäre aber nachhaltiger.

Zudem könnten die Autos wieder deutlich kleiner, leichter, sparsamer werden. Wer einmal mit dem eigenen Popometer erlebt hat, worauf es ankommt beim Autofahren, würde Repräsentationsprotze und Hausfrauenpanzer, welche die Vorstädte bevölkern und die Innenstädte verstopfen, keines Blickes mehr würdigen. Künstliche Geschmacksverstärker wie „Fahrerlebnisschalter“ (ausgerechnet bei BMW) oder Klappenauspuffe könnte man mündigen Kunden genausowenig vermitteln wie ein Stattgeländeauto mit Quermotor, Chromleisten, Riesenfelgen und Metallic-Lack.

Leicht ist geil

Fahrspaß entsteht garantiert nicht in einem Gerät, das außen Modeartikel und innen Spielzeugparadies ist. Er findet sich ganz überwiegend in Autos unterhalb einer Tonne Gewicht und weniger als vier Metern Länge. Egal, ob man ein Cabrio, ein Familienauto oder einen echten (!) Geländewagen (im echten Gelände) bewegt. Noch unwichtiger wird, wie das Ganze aussieht, wenn endlich das Gefühl wieder zählt. Wenn Mode keine Chance mehr hätte, würden wir die Autos wahrscheinlich nicht nur seltener sondern auch länger benutzen. Dellen und von der Sonne stumpfer Lack erzählten dann von gemeinsam erlebten Abenteuern und wir würden sie mit Stolz betrachten. Echte Freude mit Potential für wirkliche Nachhaltigkeit.

Das Problem, und das soll jetzt bitte keine Verschwörungstheorie werden: Die Margen sind bei teureren (also größeren und mit zum Fahren vollkommen unnützem Elektroschrott gefüllten) Büchsen weitaus größer, Obsoleszenz durch die Deutung zum Modeartikel entwertet die Autos schneller als nötig. Noch ärger die gezielte Entwertung junger Gebrauchter durch die lähmend langsame, schrittweise Einführung längst serienreifer Technologie. Ohne Verzögerungstaktik der Hersteller wäre der schon damals bitter nötige Katalysator viel früher gekommen, hätten Partikelfilter für Direkteinspritzer schon 1997 Serienstandard werden können, als Mitsubishi seine ersten GDI-Motoren herausbrachte. Dadurch, dass man sie erst heute zur Vorschrift macht, entwertet man sogar baugleiche Autos, die bislang ohne diese Filter produziert wurden. Schlecht für die Gesundheit, nicht nachhaltig, aber gut für den Absatz.

Offenbar ist die Industrie erfolgreich mit dieser Taktik, denn neue Vorschriften folgen in immer kürzerer Frequenz. Ein anderer Grund dafür ist aber, dass unsere CO2-Flottenvorgaben moderne Motoren unnötig schmutzig machen. Immer langweiligere und schwerere Autos und immer längere Staus versuchen offenbar viele verzweifelte Kunden durch immer höhere Motorleistungen zu kontern. Der Flottenverbrauch, ausgedrückt im CO2-Ausstoß pro Strecke, muss dennoch sinken.