TT Isle of Man 2017

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Der finale Schlagabtausch musste daher in der Senior TT erfolgen – dem Königsrennen der TT Isle of Man. Beide Kontrahenten waren bis unter die Haarspitzen motiviert. Michael Dunlop ließ nichts anbrennen und legte gleich in der ersten Runde eine irrsinnige Zeit von 17:06,732 Minuten vor. Der Zweitschnellste Peter Hickman kam auf „nur“ 17:11,000 Minuten. Ian Hutchinson hingegen war wohl etwas übermotiviert und stürzte in der ersten Runde auf dem Mountain Course. Er brach sich das Bein und wurde sofort ins Krankenhaus geflogen. Das war für Ian Hutchinson eine sehr bittere Sache, hatte der Engländer doch schon 2010 bei einem Unfall während der Britischen Superbike-Meisterschaft einen komplizierten Beinbruch erlitten, der ihn fast eine Amputation eingebracht hätte. Nur mit äußerster Willenskraft hatte er sich damals ins Leben zurückgekämpft und fuhr tatsächlich Ende 2011 wieder Rennen.

Gefährlich und geliebt

Die TT Isle of Man ist gefährlich. Jeder, der an diesem Rennen teilnimmt, ist sich der Gefahr bewusst, hier sterben zu können. Auch dieses Jahr gab es wieder Tote zu beklagen. Der Engländer Davey Lambert erlag nach einem Sturz im ersten Superbike-Rennen seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus, der Niederländer Jochem van den Hoek verstarb zwei Tage später im Superstock-Rennen noch am Unfallort, ebenso wie der Ire Alan Bonner im Qualifying. Es trifft jeden auf der Insel tief, vom Tod eines Rennfahrers zu erfahren. Auch wenn man weiß, dass es jederzeit passieren kann, ist man bei der Nachricht fassungslos. Niemand will das. Und dennoch fahren die Teilnehmer hier freiwillig und lieben die Faszination dieses Rennens. Das ist einer der Gründe, warum die Roadracer in Großbritannien und Irland Kultstatus besitzen.

Die letzten Helden, die dem Tod unerschrocken ins Auge sehen. Verrückt? Vielleicht. Aber wenn man sich mit einem John McGuiness, Ian Hutchinson, Michael Dunlop oder Guy Martin unterhält – was im Fahrerlager tatsächlich problemlos möglich ist – lernt man sehr nüchtern und scharfsinnig denkende Menschen kennen, die versuchen, das Risiko so klein wie möglich zu halten. Die Fahrer und ihre Teams überlassen nichts dem Zufall, selbst das kleinste Detail wird akribisch vorbereitet und es wird versucht, jede mögliche Gefahrenquelle zu bedenken.

2015 kam es zu einem Eklat, als Favorit Michael Dunlop die nagelneue Yamaha R1 kurz vor dem Rennen zurückgab und auf seiner BMW startete, mit der er im Jahr zuvor gewonnen hatte. Dabei zierte er auf der Yamaha bereits das offizielle Titelbild der TT. Doch den Grund konnte jeder nachvollziehen: Im Training war John McGuiness hinter Dunlop hergefahren und hatte verdächtigen blauen Qualm aus dem Motor aufsteigen sehen, möglicherweise ein sich ankündigender Motorschaden. Im Fahrerlager ging der 23fache Champion deshalb direkt zu Dunlop und erzählte ihm seine Beobachtung – die Roadracer helfen sich untereinander, wo sie können. Dunlop sah sich das Motorrad genau an und erklärte dann seinem Team, damit keine Rennen zu fahren, er hätte kein Vertrauen in die Haltbarkeit. Sicher ein Gesichtsverlust für Yamaha, aber es ging hier um Dunlops Leben und niemand konnte ihm für diese Entscheidung einen Vorwurf machen.

Aufgeben ist keine Option

Im Superbike-Rennen am nächsten Tag stürzte Michael Dunlop dann heftig, als einer der Hinterbänkler vor ihm zu Boden ging und er nicht mehr ausweichen konnte. Dunlop wurde von einem Krankenwagen ins Hospital gebracht, er hatte sich Schürfwunden, Prellungen und ein Schleudertrauma zugezogen. Andere Rennfahrer hätten sich danach wohl erst gründlich auskuriert. Nicht so ein Roadracer. Dunlop saß am nächsten Tag wieder, trotz Schmerzen, auf dem Motorrad, fuhr das Superstock-Rennen und wurde Zweiter.

Roadracer ticken einfach anders und das sollte man nicht nur akzeptieren, sondern auch respektieren. Wenn sie ihr Leben riskieren, dann aus Liebe für diesen Sport. Dafür lieben sie ihre Fans. (fpi)