Teslas Cybertruck scheidet die Geister

Seite 2: Es wird keinen Cybertruck für „unter 40.000 Dollar“ geben

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Sie erhalten bei dieser Fahrzeugklasse nämlich eine komfortable Autokabine (je nach Bedarf mit zwei bis sechs Sitzen) plus eine Pritsche – quasi einen Familien-Pkw und ein Nfz in einem. Für dieses Two-in-One bezahlen sie den Preis einer großen Limousine. Ein Full-Size Pickup wie ein Ford F-150 kostet in den USA um die 30.000 Dollar, das liegt auf dem Niveau von Chevrolet Impala oder Chrysler 300.

Deshalb peilt Tesla 40.000 Dollar als Einstiegspreis für den Cybertruck an, zusammen mit hohen Werten für Zuladung und Zuglast. Das ist sehr günstig für ein so großes Auto mit einer so großen Batterie. Jeder Autofan dürfte mittlerweile mitbekommen haben, dass Teslas Ankündigungen nicht heißen: „Das werden wir wahrscheinlich hinbekommen.“, sondern sie heißen: „Das wünschen wir uns, obwohl es wahrscheinlich nicht passieren wird.“ Es gibt kein Model 3 (Test) für „unter 30.000 Dollar“, es gibt auch keins für den korrigierten Preis von 35.000 Dollar. Der Einstiegspreis liegt aktuell bei 39.490 Dollar (in Deutschland 44.390 Euro). Wenig gewagte These also: Es wird in den nächsten Jahren keinen Cybertruck für „unter 40.000 Dollar“ geben.

Kante zeigen

Aber wird es den Cybertruck überhaupt geben wie gezeigt? Die Frage stellt sich auch angesichts der scharfen Kanten. An scharfen Kanten wirbelt die Luft. Sie erzeugt dabei mehr Widerstand, was schlecht ist für die Reichweite. Die Widerstandsenergie wandelt sich unter anderem in Schalldruck um. Es wird laut bei schnellerer Fahrt. Das weiß Tesla. Tesla optimiert die Aerodynamik in aufwendigen Simulationen. Dass das Model 3 dann zum Beispiel doch nicht so leise ist, wie es sein sollte, liegt wahrscheinlich an den nicht (oder nicht in dieser Größe) simulierten Spalten.

Wenn Franz von Holzhausen sein Low-Poly-Count-Modell in den Simulator eingibt, erstrahlen die Bildausgaben in Warnfarben. Es gab gute Gründe, warum in den Neunzigern die Autos wieder runder wurden, nach langen Jahren kantiger US-Autos: CAD und Effizienzgedanken aus steigenden Ölpreisen. Elon Musk sagte, die Form sei der extrem zähen Stahllegierung geschuldet, die sich nicht für gewöhnliche Tiefziehpressen eigne. Passende Pressen bauen wollte Tesla aber auch nicht. Also die Form. Wenn das mit dem Stahl stimmt, wird sich dieses Modell schwertun beim Sicherheitstest.

Schutz von Fußgängern ...

Des Fußgängerschutzes wegen liegen heute üblicherweise zwei Lagen dünnes Blech in einigen Abstand als Sandwich-Haube über dem harten Motorblock. Alternativ kann ein Airbag die Motorhaube bei einer Kollision mit einem Fußgänger hochdrücken als Falldämpfung (siehe Volvo oder Mercedes). Auch in diesem Fall darf das Blech nicht besonders dick sein, sonst steigen die Restenergiewerte zu stark an. Die Front muss also einigermaßen weich sein. Kantig darf sie sein, wenn die Kanten weich sind.

Hoch darf sie auch ruhig sein. Eine hohe Motorhaube kann sogar vorteilhaft für Fußgänger sein, denn sie reduziert die Fallhöhe. Ameisenhalbierende Fronten wie an früheren Sportwagen sind heute kaum noch zulassungsfähig. Das moderne Sportauto trägt deshalb seine Schnauze deutlich höher als früher. Tesla könnte entweder eine weiche Plastiknase plus einen großen Fußgänger-Airbag unter der Scheibe bauen (wieder siehe Volvo) oder auf 5 NCAP-Sterne verzichten. Ich meine: Ein aktueller Jeep Wrangler (Test) hat auch nur einen Stern. Die Frage ist dann nur, welche Familien außerhalb der Prepper-Szene das kaufen.

... und vor der armen Umwelt

Vielleicht will Tesla am Ende wirklich kugelsicher bauen. Zum Design würde es passen. Doch wozu sollte die preisbewusste Truck-Kundschaft teure Sonderschutz-Features bezahlen? Stabiler beim gegen einen Stein fahren, ja, vorstellbar. Aber dass sich der Farmer jetzt so bedroht fühlt beim Heu zu den Pferden bringen, dass er erhebliches Mehrgeld in eine kugelsichere Kabine investiert? Das ist doch kein Massengeschäft. Das wäre ein Geschäft für einen Militärkontrakt, aber für den scheint das Auto nicht gebaut. Vielleicht gibt es am Ende doch eine Überschneidung mit den Käufern von BMW-Sonderschutzfahrzeugen in Südamerika. Vielleicht wollen das reichere Leute, um sich vor ärmeren Leuten zu schützen.