Teslas Cybertruck scheidet die Geister

Seite 3: Musk gibt zu, dass ein kleinerer Pickup sinnvoll wäre

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Der Cybertruck präsentiert sich als umweltfreundliche Alternative zur Pickup-Konkurrenz. Aus europäischer Sicht ist diese Aussage schwer fassbar. Der Cybertruck sieht aus wie ein russischer Luxuspanzer und benötigt entsprechende Ressourcen. Selbst Musk gibt zu, dass ein kleinerer Pickup mittelfristig sinnvoll wäre. Ganz ehrlich: Ich hoffe, Tesla konzentriert sich auf das Model Y und schiebt dieses Viech auf eine lange Bank, länger als ein Cybertruck-Heck. Ich hoffe, sie überlegen sich das Konzept noch einmal und gehen, rennen in die entgegengesetzte Richtung: weniger Show and Shine, mehr Nutzfahrzeug.

Der Markt ist groß

Handwerker brauchen Nutzfahrzeuge mit riesigen Batterien. Cleanes, gut alterndes Design? Immer her damit, Franz! Tesla könnte hier schwer punkten. Stattdessen kann sich Tesla nicht lösen vom ewigen Schwanzvergleich. Muss ein (halbes) Nutzfahrzeug schneller beschleunigen als ein Porsche 911? Brauchen wir mehr aggronesische Fahrzeugfronten im eh schon aggressiven Verkehr? Der Cybertruck legt nicht die Waffen beiseite, sondern er entzündet ein ganz neues Wettrüsten. Ford muss den nächsten F-150 schon mit einer Pritsche voller Rinderhälften verkaufen, um mit dem steinzeitlichen Brusttrommeln mithalten zu können. Ach, was rege ich mich auf? Mir langt‘s ja noch 'naus. Soll sich jeder Nordamerikaner noch einen Cybertruck neben seinen RAM 1500 stellen.

Tesla, Rivian, Piaggio

Zu Teslas Vorstellung liegt der Vergleich mit dem US-Konkurrenten Rivian R1T nahe, weil der ebenfalls batterielektrisch fährt. Er hat ein in jeder Wortbedeutung rundes Design, einen Motor pro Rad, sodass der Wagen wie ein Kettenfahrzeug auf der Stelle drehen kann und viele lustige Details. Von VWs T3 syncro DoKa hat sich Rivian zum Beispiel den „Safe“ abgeguckt, eine abschließbare Durchreiche vor/unter der Pritsche. Dort passt ein (kleines) Surfboard hinein oder eine Ausziehküche, die ich ähnlich schon am T3 gesehen habe. Das Auto soll ab knapp 70.000 Dollar kosten. Da tendiert der sparsame Farmer natürlich eher zu Tesla. Beim Erscheinen wird Teslas Truck jedoch wahrscheinlich in etwa dasselbe kosten müssen wie Rivians Angebot: gut ausgestattete Autos bringen gute Margen, die beide Hersteller benötigen.

Reden wir noch einmal über den Cybertruck, wenn aus den Wünschen harte (aber zum Wohle der Fußgänger hoffentlich nicht zu harte) Realität geworden ist. Zwischenzeitlich möchte ich den Blick auf Europa lenken. Wir haben eine eigene Pritschenwagen-Tradition, mit Pritschen, die an drei Seiten herunterklappbar sind zum einfacheren Beladen. Das hat sich aus irgendeinem Grund in den USA nie durchgesetzt.

Nützlich! Unter 30.000 Euro! Real!

Bei uns dagegen hat sich der „Full-Size Truck“ nie als Alltagsauto durchgesetzt, weil der bei uns Platzprobleme kriegt. Wir haben mittelalterliche Altstädte, in denen es selbst einem Fiat 500 (Test) eng wird. In welche Innenstädte soll der Europäer (typischerweise allein) mit einem 5,9 Meter langen Cybertruck fahren? Deshalb möchte ich den Blick auf ein zu Unrecht unterbeleuchtetes Auto lenken: den Piaggio Porter Electric Pickup. Es gibt ihn sogar als Kipper! 63 PS! 57 km/h! Unaggressives Äußeres! Nicht kugelsicher! Nützlich! Unter 30.000 Euro! Real! (cgl)