VW macht das Doppelkupplungsgetriebe kleiner und effizienter

Trocken nachgelegt – das neue 7-Gang-DSG von VW

Mit dem neuen 7-Gang-DSG verspricht VW Automatikkomfort bei weniger Verbrauch im Vergleich zum Handschalter. Fast einen halben Liter soll der Golf mit DSG sparen. Da lohnt ein genauerer Blick auf die Technik

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Hannover, 5. Februar 2008 – Vor fünf Jahren stellte VW das erste 6-Gang-DSG vor und leitete damit das Revival des Doppelkupplungsgetriebes ein. Bis dahin dominierten Handschaltgetriebe und Automatikgetriebe den Markt, dem stufenlosen CVT-Getriebe kam allenfalls die Rolle des Exoten zu. Und automatisierte Schaltgetriebe wie im Smart, dem Toyota MR2 oder sportlichen BMW-Modellen scheinen nach einen Zwischenhoch den geordneten Rückzug anzutreten – zugunsten des Doppelkupplungsgetriebes?

DKG auf dem Vormarsch
So stellte BMW Mitte Januar sein Doppelkupplungsgetriebe „M-DKG“ vor – zu Lasten des SMG, wie BMW sein automatisiertes Schaltgetriebe bezeichnete. Dem komfortablen, weil stufenlosen CVT, das Audi als Multitronic ganz untypisch für Motoren mit höheren Drehmomenten bis 380 Nm anbietet, könnte bald ein ähnliches Schicksal drohen. Audi, so sagte VW-Getriebechef Frank-Thomas Metzner bei der Vorstellung des neuen 7-Gang-DSG von Volkswagen in Barcelona, will bald ein Doppelkupplungsgetriebe vorstellen, das für Drehmomente über 350 Nm geeignet ist – technisch übrigens kein Problem, denn der Bugatti Veyron zeigt, dass sich damit auch 1250 Nm beherrschen lassen.

Dass es in Fahrzeugen von der Golf-Klasse bis zum Luxussportwagen verbaut wird, spricht für die technischen Qualitäten des DSG. Und sein Markterfolg war so nicht unbedingt zu erwarten. Derzeit bestellen es 10 Prozent der Golf-Fahrer, beim Passat sind es 22 Prozent, beim Touran sogar ein Viertel der Käufer.

Begriffsentwirrung
Die Erfolge sind der Konkurrenz nicht entgangen: Nachdem sie dem Erfolg des DSG bisher nur zusehen konnten, verbauen zukünftig auch Ford, Volvo oder Mitsubishi Doppelkupplungsgetriebe. Bei der Namensgebung scheinen der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Ob sie nun DSG (Direktschaltgetriebe), PSG (Parallelschaltgetriebe), M-DKG, Powershift oder SST heißen, in allen Fällen handelt es sich um Doppelkupplungsgetriebe – kurz DKG.

Während BMW das DKG zunächst für Sportlimousinen vorsieht, erweitert VW den Anwendungsbereich nach unten: Schon bald soll es den Kunden auch im B-Segment, also Modellen wie dem Polo, angeboten werden. Bei einem Preis von 1750 Euro – so viel kostet das DSG im Golf – ist der Markterfolg nicht unbedingt garantiert, doch das muss VW zumindest vorläufig nicht stören. Denn die verbauten Motoren-Getriebe-Kombinationen sind keine anderen als im Golf, die zusätzlichen Entwicklungskosten bleiben also gering. So lässt sich in aller Ruhe verfolgen, ob sich auch die Kunden von Kleinwagen vom DSG überzeugen lassen.

7-Gang-DSG sparsamer als Handschalter
Doch dafür braucht man ein DSG, das weniger wiegt und das Versprechen einlöst, weniger zu verbrauchen als ein Handschalter. Zur Erinnerung: Als VW 2003 das 6-Gang-DSG in den Markt einführte, waren die Kritiken überaus positiv, doch große Verbrauchsvorteile wollten sich nicht so recht einstellen. Das soll nicht die Qualitäten des „alten“ DSG schmälern, aber es geht eben noch besser, wie sich nun zeigt. Mit dem bereits seit längerem angekündigten 7-Gang-DSG, das VW nun offiziell vorgestellt hat, gerät das Handschaltgetriebe beim Verbrauch erstmals ins Hintertreffen – zumindest im Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ, nach dem der Durchschnittsverbrauch eines Fahrzeugs ermittelt wird.

Trocken nachgelegt – das neue 7-Gang-DSG von VW

Das 7-Gang-DSG wird zunächst im Golf 1.9 TDI und dem Golf 1.4 TSI angeboten und verspricht dort verblüffend niedrige Verbrauchswerte. Beim TSI mit DSG stehen 5,9 statt 6,3 Liter im Datenblatt, beim TDI gar 5,2 statt 5,8 Liter. Einen derartigen Verbrauchsvorteil zugunsten eines automatischen Getriebes, gleich welcher Bauart, hat es bisher noch nicht gegeben. Zugegeben, diese Werte stehen noch unter dem Vorbehalt, sich in der Praxis bewähren zu müssen. Aber dennoch stellt sich die Frage: Wie ist es VW gelungen, mit dem 7-Gang-DSG einen so großen Vorsprung herauszufahren?

Trocken statt nass
Zunächst einmal arbeitet das 7-Gang-DSG mit Trockenkupplung statt mit „nasser“ Kupplung im Ölbad wie beim 6-Gang-DSG. Trockenkupplungen sind zwar größer, weil sie wegen der fehlenden Ölkühlung mehr Reibfläche benötigen. Doch durch die Beschränkung auf Drehmomente bis maximal 250 Nm fällt dieser prinzipielle Nachteil nicht ins Gewicht. Entscheidender Vorteil der Zweischeiben-Trockenkupplung: Die Schleppverluste nasser Kupplungen entfallen und damit verbessert sich der Wirkungsgrad.

Aber verschleißen Trockenkupplungen nicht schneller? Kein Problem, sagt VW, denn im neuen 7-Gang-DSG sind sie auf eine Laufleistung von 300.000 km ausgelegt, also im Regelfall auf die Lebenszeit des Antriebs. Deswegen sind die Kupplungsbeläge 3,5 mm dick, statt sonst 1,5 bis 2 mm, die notwendige Nachstellung bei geringerer Belagstärke im Laufe der Zeit erfolgt automatisch. Außerdem sei vor allem das Anfahren verschleißträchtig, so Chefentwickler Metzner, und da stelle sich die „Automatik“ wesentlich geschickter an als der Mensch.

Schalten und Kuppeln elektrohydraulisch
Der zweite Fortschritt zu einem besserem Wirkungsgrad besteht in einer „bedarfsgerechten“ Ölversorgung für die Schalt- und Kupplungsaktuatorik – doch der Reihe nach: Wenn der Mensch nicht mehr kuppelt und schaltet, muss die Kraft dafür woanders herkommen. Ob nun hydraulisch oder elektrisch – die Energie dafür muss letztlich der Motor aufbringen. Beim 7-Gang-DSG funktioniert die Aktuatorik wie auch bei der 6-Gang-Version elektrohydraulisch. Das heißt, die Schalt- und Kuppelvorgänge erfolgen hydraulisch, die Hydraulikventile werden elektrisch betätigt.

Bedarfsgerechte Ölversorgung
Während beim 6-Gang-DSG eine Ölpumpe ständig für Druck sorgt, aber eben auch ständig angetrieben wird, gibt es beim neuen DSG eine elektrische Ölpumpe, die nur bei Bedarf anspringt. Das erinnert an elektrohydraulische Servolenkungen, bei denen die Hydraulikpumpe ebenfalls nur arbeitet, wenn Lenkunterstützung notwendig ist. Das „Geheimnis“ dieser sparsamen Technik ist ein integriertes Mechatronikmodul mit eigenem Ölkreislauf und einem kleinen Druckspeicher, der – etwa so groß wie eine Getränkedose – beim Blick auf das Getriebe nicht zu übersehen ist.

Trocken nachgelegt – das neue 7-Gang-DSG von VW

Diesem Druckspeicher kommt eine besondere Rolle zu: Gefüllt von der elektrischen Hydraulikpumpe hält der Speicher den Öldruck bereit, der zum Schalten und Kuppeln benötigt wird. Wenn viel geschaltet und gekuppelt wird, wie zum Beispiel im Stadtverkehr, muss die Pumpe den Druckspeicher häufig „nachfüllen“. Im anderen Extrem, der Konstantfahrt, hat sie Pause. Bei einer gemütlichen Autobahnfahrt sinkt der Energiebedarf auf null, während beim 6-Gang-DSG die Pumpe permanent mitläuft.

Hybrid im Hinterkopf
Die elektrisch betriebene Hydraulikpumpe bietet zudem den Vorteil, auch bei stehendem Motor zu funktionieren. Da muss man aber doch gar nicht schalten, ist man geneigt zu sagen. Doch es ist kein Geheimnis, dass auch VW Hybridkonzepte zur Marktreife entwickelt. Zumindest Mikrohybride, bei denen sich die elektromotorische Unterstützung auf eine Start-Stopp-Funktion und (vielleicht) das elektrische Anfahren beschränkt, dürften schon bald angekündigt werden. Und bei ihnen muss das DSG den richtigen Gang vorwählen können, bis sich der Verbrennungsmotor „einklinkt“. Das ging bisher nicht, weil eine mechanisch betriebene Pumpe im Dauerbetrieb einen laufenden Motor erfordert.

Die Technik des 7-Gang-DSGs lässt also durchaus Rückschlüsse auf einen Teil von VWs Hybridplänen zu, oder um Getriebechef Metzners Kommentar zu diesem Thema zu zitieren: „Lassen Sie sich überraschen …“

Ein Gang mehr spart Sprit
Neben Trockenkupplung und bedarfsgerechter Ölversorgung für die Aktuatorik mutet die dritte Neuerung trivial an: Ein Gang mehr als bisher machte es beim 7-Gang-DSG möglich, den ersten Gang kürzer und den höchsten Gang länger auszulegen. Die Spreizung zwischen 1. und 7. Gang beträgt bei der DSG-Variante für den Dieselmotor 7,26, für den Benziner 6,5 (als maximale Spreizung gibt VW übrigens 8,1 an). So verbessert sich einerseits die „Anfahrdynamik“ und andererseits konnte VW den 7. Gang als reinen Spargang auslegen, die direkte Übersetzung bleibt dem 6. Gang vorbehalten. In der Praxis ist dies übrigens mit einem angenehm niedrigen Drehzahlniveau verbunden. Und wenn das DSG einmal herunterschaltet, ist es kaum spürbar.

In Lauerstellung
Denn wie bei jedem Doppelkupplungsgetriebe sind die Gänge bereits vorgewählt. Der nächste Gang wartet also in „Lauerstellung“ darauf, eingekuppelt zu werden. Das Getriebesteuergerät erkennt am Fahrverhalten, welchen Gang es vorhalten muss und wählt diesen im Hintergrund vor. Dass dies beim neuen DSG mit Trockenkupplungen geschieht, war übrigens im Fahrbetrieb nicht spürbar – es geht ebenso geschmeidig vonstatten wie beim 6-Gang-DSG mit nasser Kupplung.

Trocken nachgelegt – das neue 7-Gang-DSG von VW

Glückliche Verbindung
Und wie steht es um den Verbrauch? Wir konnten das 7-Gang-DSG in Verbindung mit dem 1,4-Liter-TSI-Motor in Katalonien ausprobieren. Die Strecke führte durch das Gebirge im Umland, ein wenig Autobahn und Stadtverkehr in Barcelona. Am Ende standen 6,6 Liter Super zu Buche, nicht repräsentativ, aber keinesfalls schlecht für einen Benziner mit 122 PS. Der kleine TSI, der als ein Musterbeispiel für Downsizing gelten darf, geht mit dem neuen DSG eine glückliche Verbindung ein, die vielen Autofahrern völlig ausreichen dürfte – zumal der geringe Verbrauch sich nicht durch die Kosten für teures Super Plus relativiert. Super genügt ganz offiziell, sodass sich in der Praxis ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis ergibt.

Hoffen auf weiteres Wachstum
Volkswagen gibt sich davon überzeugt, dass sein DSG das „Beste aller Getriebewelten“ in einem Konzept vereint. Es sei so komfortabel wie eine Wandlerautomatik, so sportlich und sparsam wie ein automatisiertes Schaltgetriebe und damit in der Summe seiner Eigenschaften die beste Lösung unter den derzeit verfügbaren Getriebearten. In seinen Prognosen für den weiteren Erfolg des DSG ist das Unternehmen optimistisch. So rechnet es damit, dass bis 2010 etwa 15 Prozent der Käufer eines Golf das DSG bestellt, beim Passat hofft man auf einen Anteil von bis zu 30 Prozent.

Nass läuft weiter
Die bisherige 6-Gang-Variante hat übrigens weiter ihre Berechtigung. Bei sportlichen Fahrzeugen mit hohen Drehmomenten ist die nass laufende Kupplung noch immer erste Wahl. Doch es ist zu erwarten, dass Merkmale wie die bedarfsgerechte Ölversorgung der Aktuatorik oder der siebte Gang mittelfristig auch dort Einzug halten. Der nächste Punkt auf unserer Wunschliste wären sinkende Preise, denn 1750 Euro tun weh, besonders bei Kleinwagen wie Polo und Co., die bald auch mit DSG zu haben sind. Vielleicht helfen dabei die geplanten höheren Stückzahlen – auf 1750 Exemplare täglich soll die Kapazität im Getriebewerk Kassel steigen – oder die Konkurrenz von Getrag oder ZF, die den Markt noch mehr beleben wird, technisch genauso wie preislich.