Warum wieder nur 7,4 kW?

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Die Entwicklung der Onboard-Lader hängt unter anderem am Ausbau des Stromnetzes. Vor allem in den Städten muss massiv nachgerüstet werden, wenn die Bewohner abends heimkommen und ihre E-Autos anstecken, die ja selbst bei 7,4 kW über Stunden fast das Doppelte des Durchschnitts-Haushaltsverbrauchs ziehen. Hier führt wahrscheinlich nichts an einem intelligenteren Stromnetz vorbei, das Autos zur Verbrauchs-Hochzeit am Abend nur wenig Leistung gibt, in der ruhigen Phase nachts dafür umso mehr. Doch gerade für diesen Einsatz muss die maximale Ladeleistung höher sein. Hamburg investiert in ein moderneres Stromnetz gerade einen „mehrstelligen Millionenbetrag“, und dabei ist Bidirektionalität noch gar nicht berücksichtigt. Nissans Idee der Traktionsbatterie als Puffer war gar nicht so schlecht. Doch so richtig durchgesetzt hat sie sich auf Autoseite nicht, sodass sie jetzt auch auf Infrastrukturseite wenig Beachtung findet.

Die Idee, eigene Infrastruktur, also einen AC-DC-Wandler in der eigenen Garage aufzustellen, scheitert meistens am Preis: Aktuelle Geräte sind für öffentliche Ladepunkte gedacht und kosten selbst bei Anschluss ans Niederspannungsnetz im Haus ab 10.000 Euro aufwärts. Wenn wir wirklich viel elektrisch fahren wollen, könnten sich aber Wohnkomplexe damit von der Konkurrenz abheben, dass sie ihre Tiefgarage wie einen Tesla-Ladepark betreiben (alle teilen sich eine Maximalleistung) – am besten mit einer stationären Pufferbatterie, die sich zu Zeiten niedriger Nachfrage füllt.

Schiefes im Hintergrund

Im Hintergrund fanden in den letzten Jahren schon enorme Verbesserungen der Strom-Infrastruktur statt, eher wegen der erneuerbaren Energien als wegen Elektroautos. In Deutschland zum Beispiel begrenzt eine Regelung die sogenannte "Schieflast", die ein Hausanschluss ziehen darf: mehr als 20 Ampere Unterschied zwischen den Leitern sollen es nicht sein. Deshalb verteilt der Elektriker die Phasen im Haus auf eine möglichst gleichmäßige Last. Wenn zu viel Schieflast auf die alten Transformatoren kam, konnten diese beschädigt werden. Volkswagen verwendet deshalb zum Beispiel in der zweiten Generation des E-Golf (Test) zum Laden zwei Phasen gegeneinander statt eine Phase gegen den Nullleiter, um auf sozialverträglichere 7,4 kW zu kommen. Es ist aber erstaunlich selten ein Problem, einphasig schief 32 A zu ziehen, wenn man den Stromanbieter fragt, denn allzu viele der alten Trafos gibt es gar nicht mehr. Besitzer älterer Häuser sollten zudem überlegen, ob das Objekt früher die zweifelhaften Segnungen einer Nachtspeicherheizung genoss, denn dann liegt häufig trotz des Alters eine stabile Zuleitung.

Schwer vorherzusagen, wie sich das entwickelt. Vielleicht setzt sich für Fahrzeuge wie Jaguars I-Pace (Test) doch durch, dass Besitzer einen vierstelligen Aufpreis ihrer Wallbox daheim in Kauf nehmen, damit dort dreiphasig AC in DC gewandelt wird. Dann könnten sie ihr Auto mit 22 kW minus die Ladegerät-Verluste laden – ein großer Fortschritt gegenüber der Serie. Das löst jedoch nicht das Problem der bestehenden AC-Lader, an denen solche Autos über Nacht nicht voll werden. Eines steht fest: AC-Ladung mit 7,4 kW wird uns noch eine Weile begleiten. Europäer sollten also beim Kauf darauf achten, ob das Traumauto Drehstrom-Ladung anbietet, wenn sonst die Batterie in der typischen Standzeit nicht voll wird. Smart (Test), Tesla, BMW und Renault bieten es an. Ich glaube, das Ladegerät hat trotz seiner technischen Probleme mitgeholfen, dass Renaults Zoe (Test) Europas bestverkauftes E-Auto wurde. Hyundais Kona EV (Test) soll Dreiphasenladung anbieten, wenn er ab 2020 in Tschechien gebaut wird. Jaguar will zum Modellupdate des I-Pace Drehstromladung als Option in die Aufpreisliste schreiben. Lassen Sie Ihren Geldbeutel sprechen. (cgl)