Wie 4x4-Hybrid-Antriebe die Fahrdynamik neu definieren

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Beim einem „Through-the-Road“-Hybrid wie dem e2 gibt es anders als bei einem konventionellen Allradantrieb keine Längswelle; die Antriebseinheiten vorne und hinten lassen sich separat ansteuern. Bei Bedarf schubst ein E-Motor das Fahrzeug sanft wieder in die Spur. Das funktioniert bereits bei der 48-V-Variante gut, denn hierzu braucht es keine hohen Leistungen und schon gar nicht über längere Zeiträume.

Um das zu demonstrieren, fuhren wir auf einer Kreisbahn mit einem Radius von zirka 120 Meter. Bei Frontantrieb bleibt ab einer bestimmten Geschwindigkeit nur die Möglichkeit, per ESP einzugreifen, um ein Ausbrechen oder Schieben über die Vorderräder zu vermeiden. Torque Vectoring mit der Fahrbahn als virtuelle Längswelle stabilisiert dagegen nicht über Bremseingriffe, sondern – in diesem Fall – über ein Längs- oder Querverschieben des Drehmoments, je nach Konfiguration. Wir konnten die Kreisbahn stabil mit über 70 km/h fahren, bei einem Reibwert von wie gesagt definierten 0,35 µ. Man spürt deutlich, dass Allrad generell ein Gewinn ist – sofern es nicht auf Kosten des Verbrauchs geht.

Und was kostet das?

Denn letztendlich zählt immer das Gesamtergebnis aus Betriebs- und Anschaffungskosten. Klar, ein Hybridantrieb ist zunächst einmal teurer als ein solcher nur mit Verbrennungsmotor. Das liegt unter anderem an den E-Motoren, zusätzlicher Elektronik und natürlich der Batterie – verschärft bei Plug-in-Anwendungen, wo es statt 1 bis 2 kWh in der Regel gerne 10 kWh sein dürfen, um eine elektrische Fahrstrecke von 50 km und aufwärts zu gewährleisten. Aber andererseits hat der Allrad-Hybrid auch Kostenvorteile im Vergleich zu klassischen Lösungen: Es gibt keine Längswelle mehr, der Verbrauch ist geringer und es sind weniger Varianten beim Verbrennungsmotor erforderlich. Im e2 ist auch das Getriebe immer das Gleiche, Ausnahme der darin verbauten E-Maschine und des Inverters.

Paradigmenwechsel beim Charakter

In der Vergangenheit war der Verbrennungsmotor (… diese herrlichen Sechszylinder von BMW …) ein entscheidendes Mittel, um den Charakter eines Fahrzeugs zu bestimmen. Das könnte sich verschieben in Richtung einer elektrifizierten, leisen, sparsamen und sehr fahrsicheren Definition von Dynamik. In der Preisliste steht dann womöglich nicht mehr der Verbrennungsmotor in verschiedenen Leistungsstufen, sondern es stehen verschiedene Elektrifizierungsstufen zur Wahl, je nach Anwendungsprofil des Endkunden. Jeweils ein E-Motor vorne und hinten hat übrigens auch für solche Kunden einen Vorteil, die tatsächlich vielleicht zwei Kilometer matschigen Feldweg zur Alm fahren müssen: Wenn die Batterie nicht mehr will, kann der vordere E-Motor zur Not den hinteren versorgen, vergleichbar einem seriellen Hybrid.

Magna spricht von einem „Paradigmenwechsel“ in zweierlei Hinsicht: erstens, weil Allrad nicht auf Kosten des Verbrauch gehen muss, zweitens weil der Ansatz eine neue Art von Markencharakter ermöglicht, die nicht mehr vom Verbrennungsmotor definiert wird und quasi per Software skaliert werden kann. Dass der Verbrennungsmotor ein wenig in den Hintergrund tritt, mag gewöhnungsbedürftig sein, aber bessere und aktivere Fahrzeugkontrolle, mehr Fahrsicherheit und weniger CO2 können auch Freude bereiten. (fpi)