Zeitig steuern

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Noch bestehen zu starke Bedenken bezüglich der Zuverlässigkeit. In der Zwischenzeit beginnen die Fahrzeughersteller, andere sicherheitsrelevante Funktionen elektronisch zu realisieren.

Autoindustrie gestaltet Flexray selbst

Damit der Fahrer sich auf sein ESP oder den Fahrspurassistenten verlassen kann, musste ein Bus her, der besser für harte Echtzeitanforderungen geeignet ist als zum Beispiel CAN, der aber gleichzeitig wie CAN nicht sicherheitskritische Meldungen spontan senden kann (ereignisgesteuerter Nachrichtenversand).

Nachdem eine Zeit lang das mit Flexray technisch verwandte und unter anderem im Airbus A380 eingesetzte zeitgesteuerte Bussystem TTP (Time-Triggered Protocol) im Gespräch war, entschloss sich ein großer Teil der Autoindustrie, die Gestaltung des künftigen Busses selbst in die Hand zu nehmen. Weil den Käufer aber kaum interessiert, welcher Bus in seinem neuen Auto den Datenaustausch erledigt, ist die Frage "Flexray oder CAN" nicht direkt in Kaufanreize übersetzbar. Einen greifbaren Vorteil bringt ein Standard folglich nur über Einsparungen in der Elektrik, doch dazu müssen sich Zulieferer und Hersteller auf eine gemeinsame Grundlage einigen.

Den Antrieb dafür gaben unter anderem BMW, Bosch, DaimlerChrysler, Freescale Semiconductor, General Motors, Philips und Volkswagen. Sie bilden den Kern der zurzeit etwa 125 Mitglieder des Flexray-Konsortiums, das sich um die Ausarbeitung der Details kümmert. Die offengelegten Spezifikationen für Protokoll (Data Link Layer) und Übertragungstechnik (Physical Layer) sind auf den Webseiten des Flexray-Konsortiums frei verfügbar.

BMW übernimmt Vorreiterrolle

Derzeit sammeln die Autobauer mit dem noch jungen Bussystem praktische Erfahrungen. Die Vorreiterrolle hat BMW mit der Ausstattungsoption AdaptiveDrive im 2007er-Modell des X5 übernommen. Fünf Flexray-Knoten – vier an den Stoßdämpfern und ein zentrales Steuergerät – passen die Dämpfercharakteristik über elektrisch gesteuerte Bypassventile dynamisch an die Streckenbeschaffenheit an. Zusammen mit einer aktiven Wankstabilisierung sorgt das System für eine verbesserte Fahrdynamik und weniger Seitenneigung in schnell gefahrenen Kurven.

Zyklische Kommunikation

Bussysteme für das Automobil sind stark mit den Feldbussen der Automatisierungstechnik wie Profibus oder Interbus verwandt: Die Hauptaufgabe beider Sorten ist, Steuergeräte zu verbinden, die zyklisch Sensoren auslesen, Regelalgorithmen ausführen und Stellglieder aktivieren. So entsteht – trotz aller Unterschiede im Detail – ebenfalls eine zyklisch organisierte Kommunikation.

Das Neue an Flexray ist, dass es als erster Auto-Bus einen fest eingeteilten (statischen) Zyklusabschnitt mit einem optionalen dynamischen Segment kombiniert. Flexray arbeitet im statischen Teil rein zeitgesteuert: Er wird in ab 1 durchnummerierte Slots fixer Dauer unterteilt. Zugleich legt der Entwickler für das ganze System – in der Flexray-Terminologie ein Cluster – fest, wie viele Slots das statische Segment umfassen soll. Jeder Knoten darf nur in ihm zugeteilten Slots senden.

Garantierte Latenzzeiten

Das statische Schema scheint unflexibel, bietet aber den Vorteil der garantierten Latenzzeiten (harte Echtzeit): Als Beispiel geht der Sensorwert, der den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug anzeigt, garantiert alle 5 ms an das Steuergerät, das notfalls eine Bremsung auslöst.

Bei der Zeitsteuerung kann es im Unterschied zur Ereignissteuerung eben gerade nicht passieren, dass eine wichtige Nachricht durch eine Kollision verzögert wird, nur weil ein anderes Steuergerät ebenfalls gerade senden möchte. Denn bei der Automobilsteuerung könnte eine Kollision deutlich teurere oder schmerzhafte Folgen haben als im Computernetzwerk.